Full text: Leitfaden der vaterländischen Geschichte für Schule und Haus

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munter fördern läßt. Selbst einen kleinen Petroleummotor hatte er 
beschafft, um eine recht leistungsfähige und auf die Dauer billige Ar¬ 
beitskraft zu haben. Und was die festen Löhne betraf, die er einem 
Gesellen, der nicht auf Stück oder Stunden arbeitete, und einem Ar¬ 
beitsburschen zu zahlen hatte, so war er vor allem darauf bedacht, 
nur fleißiges, geschicktes und treues Arbeitspersonal zu erwerben. 
Fand er das, dann kam es ihm auf eine Mark mehr oder weniger 
nicht an; denn ein solches, das wußte er, war ihm Goldes wert. Aus 
diesem Grunde nahm er auch nicht jeden ersten besten Knaben als 
Lehrling an. 
Von solchen Grundsätzen geleitet, hatte, wie gesagt, Meister Pfeifer 
seinerzeit gewagt, den Schritt zur Selbständigkeit zu tun. Und wenn 
sich nun sein Betrieb auch nicht gleich so gestaltete, daß Pfeifer hoffen 
durfte, in etwa zehn Jahren schon Inhaber einer großen Möbel und 
Bautffchlerei zu sein, so ruhte doch Gottes Segen sichtlich auf seiner 
Hände Arbeit, denn nimmer fehlte es ihm an Aufträgen, der Kunden¬ 
kreis blieb ihm treu und erweiterte sich von Jahr zu Jahr, und seine 
Preise waren stets so kalkuliert, daß das Publikum nicht übervorteilt 
wurde und er gleichwohl mit Gewinn in seinem Geschäfte arbeitete. 
Hierdurch aber, und weil er stets tadellose Arbeit lieferte, genoß er 
eines großen Vertrauens im Kreise seiner Mitbürger, weshalb er auch 
wiederholt schon bei ausgeschriebenen Submissionen, obgleich er nicht 
der Mindestfordernde gewesen war, den Zuschlag doch erhalten hatte. 
Somit befand er sich auf dem besten Wege zum Wohlstände, und dieses 
Gefühl des sicheren Vorwärtskommens stimmte ihn freudig und regte 
ihn zu immer größerer Geschäftstätigkeit an. 
Nicht so war es seinem Freunde, dem ehemaligen Schloffergesellen 
Walter Bartels, ergangen, der sich in einer Straße des oberen Stadt¬ 
teils ein Haus mit einer Werkstatt erworben und dort sein Glück als 
selbständiger Handwerksmeister versucht hatte. Wohl war auch Bartels 
ein tüchtiger Arbeiter in seinem Fache, verstand er sich doch nicht nur 
auf Bauschloffer-, sondern auch auf Maschinen- und Kunstschlosser- 
arbeiten, und gehörte er doch durchaus nicht zu denen, die das Geld 
ins Wirtshaus tragen oder kostspieligen Vergnügungen, Sports usw. 
nachgehen, wie auch seine brave Frau sich im Haushalt jederzeit ein¬ 
zuschränken suchte, und doch wollte es im Geschäft nicht recht vor¬ 
wärts gehen. Zwar durfte sich Bartels nicht über Arbeitsmangel be¬ 
klagen — man hätte es ihm auch nicht geglaubt, da er einige Gesellen 
und Lehrlinge beschäftigte und der Blasebalg vom frühen Morgen bis zum 
Werktagsschlusse nicht zur Ruhe kam — allein, war das Jahr zu Ende 
und überrechnete Meister Bartels sein Soll und Haben und was er 
wohl in dem abgelaufenen Zeitraume verdient, dann hatte es für ihn 
seit Jahren stets eine unzufriedene Stunde gegeben: das Geschäfts¬ 
vermögen hatte sich gegenüber dem Vorjahre nicht nur nicht vermehrt, 
sondern war zurückgegangen, es war kein Plus, sondern ein Minus 
eingetreten. Und das bei jahraus, jahrein voller Arbeit und redlichem 
Streben und Wirtschaften! Ja, wenn er große Verluste durch 
Kunden oder häusliches Unglück: andauernde Krankheit oder Todes-
	        
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