Contents: Deutsches Dichterbuch ([Teil 2]. Bd. 4, Hälfte 2, [Schülerbd.])

284 
Deutsches Dichterbuch. 
12. Die Schwalben 
Mutter, Mutter! unsre Schwalben — 
sieh doch selber, Mutter, sieh! 
Junge haben sie bekommen, 
und die Alten füttern sie. 
Als die lieben kleinen Schwalben 
wundervoll ihr Nest gebaut, 
hab' ich stundenlang am Fenster 
heimlich sinnend zugeschaut. 
And lvie erst sie eingerichtet 
rmd bewohnt das kleine Laus, 
haben sie nach mir geschauet 
gar verständig klug hinaus. 
Ja, es schien, sie hätten gerne 
manches heimlich mir erzählt, 
und es habe sie betrübet, 
was zur Rede noch gefehlt. 
Also hab' ich, liebe Schwalben, 
unverdrossen euch belauscht, 
und ihr habt mit euren Rätseln 
wunderseltsam mich berauscht; 
Jetzt erst, jetzt hat das Geheimnis, 
das ihr meintet, sich enthüllt; 
eure heimlich süße Loffnung 
hat sich freudig euch erfüllt. 
Sieh doch hin! Die beiden Alten 
bringen ihnen Nahrung dar. 
Gibt es Süßeres auf Erden 
als ein solches Schwalbenpaar? 
13. Der Soldat. 
— Nach dem Dänischen Andersens. — 
Es geht bei gedämpfter Trommel Klang; 
wie weit noch die Stätte! der Weg wie lang I 
O, wär' er zur Ruh' und alles vorbei! 
Ich glaub', es bricht mir das Lerz entzwei! 
Ich hab' in der Welt nur ihn geliebt, — 
nur ihn, dem jetzt man den Tod doch gibt. 
Bei klingendem Spiele wird paradiert, 
dazu bin auch ich kommandiert. 
14. Frisch 
Lab' oft im Kreise der Lieben 
in duftigem Grase geruht 
und mir ein Liedlein gesungen, 
und alles war hübsch und gut. 
Lab' einsam auch mich gehärmet 
in bangem, düsterem Mut 
und habe wieder gesungen, 
und alles war wieder gut. 
Nun schaut er auf zum letztenmal 
in Gottes Sonne freudigen Strahl, 
mm binden sie ihm die Augen zu, — 
dir schenke Gott die ewige Ruh'! 
Es haben die Neun wohl angelegt, 
acht Kugeln haben vorbeigefegt; 
siezitterten alle vorIammerund Schmerz, — 
ich aber, ich traf ihn mitten ins Lerz. 
gesungen. 
And manches, was ich erfahren, 
verkocht' ich in stiller Wut, 
und kam ich wieder zu singen, 
war alles auch wieder gut. 
Sollst nicht uns lange klagen, 
was alles dir wehe tut: 
nur frisch, nur frisch gcftrngen, 
und alles wird wieder gut.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.