Vorwort zur Neubearbeitung.
(Gekürzt und ergänzt.)
Das feine Verständnis, womit das klassische Altertum die Schule
als Mutze (schola) oder als Spiel (Indus) bezeichnete, ist noch immer
nicht in oollem Umfange gewürdigt. Als eine Veranstaltung, dis das
heranwachsende Geschlecht auf die Arbeit des Lebens vorbereiten soll, hat
die Schule die im Kinde liegenden Keime in ungezwungener Beschäftigung
[oyoXr]), im Spiel (ludo) zu entfalten: das war die Meinung der Griechen
und Römer.
Spiel heißt nicht öde Tändelei: ein unverbildetes Kind widmet ja
seinem Spiel einen Ernst, wie ihn der Erwachsene für seine „Arbeit" nicht
immer aufwendet. Es ist die Befriedigung und Betätigung der gesunden
Triebe und Anlagen, die nach Anwendung und Ausbildung, nach Aus¬
bildung durch Anwendung ringen. So hat uns Schiller in seinen
„Ästhetischen Briefen" das Spiel kennen gelehrt; so faßt es die heutige
Psychologie (G r o o s) auf: als eine unbewußte Vorübung der Kräfte
für die Kämpfe des Lebens, allerdings in Stoffen, die nicht durchweg aus
den Bedürfnissen des Kindes herausgewachsen sind, aber sich doch so
wählen und gestalten lassen, daß sie ihnen begegnen.
Erfüllt nun die Schule, insonderheit aus dem Gebiete des Geschichts¬
unterrichts, diese Aufgabe durch eine Lehrweise und durch Hilfsbücher,
worin der Jugend Tag für Tag, Schuljahr für Schuljahr ihre Ration
fein säuberlich kleingeschnitten und zurechtgemacht vorgesetzt wird, so daß sie
nur zugreifen und zu „lernen", d. H. auswendig zu lernen braucht?
Muß ein solches Lehrwesen die Geistesregungen der jungen Menschen,
denen die Schule zur Aneignung eines eigenen Weltbildes verhelfen soll,
nicht eher lahmlegen als leiten und stärken?
Das Richtigste und Segensreichste wäre es, wenn die Jugend mit allen
Leitfäden und Lehrbüchern völlig unbehelligt bleiben könnte. Auf der
Unterstufe ließen sich Erzählungen und Gedichte etwa des Deutschen Lese¬
buches (Das Grab im Busento, Schwäbische Kunde) nebst gelegentlichem
Hinweis auf eine leicht zugängliche Abbildung oder auf heimatliche Denk¬
mäler, eine alte Kirche oder Burg, benützen, um die Kinder auf große
Gestalten oder Vorgänge unserer Vorzeit aufmerksam zu machen; nur
müßte zugleich ihr frischer Gegenwartsfern zu seinem Rechte kommen,
indem man auf ihre Teilnahme an Fragen der Zeit und des Tages (ab-