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a) der Kurfürst hatte zur Bezahlung der Pallien-
gelder und Annaten bei dem Hause F\ugger
eine Anleihe von 30 000 Goldgulden aufgenommen,
ß) er hatte bis zur Bezahlung dieser Schuld vom
Papste die Erlaubnis ausgewirkt, die Hälfte der
in seinem Sprengel eingehenden Ablaßgelder
zurückbehalten zu dürfen. —
b) Das deutsche Volk begrüßte das Vorgehen Luthers
mit unermeßlichem Jubel:
a) es erregte bei allen wahrhaft Gläubigen schon
lange Anstoß, daß Fuggersche Agenten mit den Abla߬
predigern offenkundig umherzogen, um die auf das Haus
Fugger entfallende Hälfte sofort einzuziehen,
ß) es verursachte bei allen Deutschen von jeher regen
Unwillen, daß ungeheure Summen für fremde
Zwecke dem Volke entlockt wurden.
ööa. Wie wurde Luther schrittweise zur Reformation gedrängt?
1. Bei dem Anschlägen der 95 Thesen an die Schloßkirche zu Witten¬
berg dachte Luther noch nicht an eine völlige Tre nnung
von der Kirche:
er hielt sich allein auf Grund seines religiösen Ge¬
wissens verpflichtet, gegen den kirchlichen Mißbrauch
des Ablasses zu opponieren.
2. Nach dem Gespräche zu Altenburg versprach Luther
bedingtes Schweigen.
3. Während der Disputation auf der Pleißenburg wurde
Luther erst auf die brennenden Punkte seiner Stellung
aufmerksam („Etliche Sätze des Huß sind echt christlich
gewesen“):
a) er kam zu der Schlußfolgerung, daß Papst und Kon¬
zilien dem Irrtum unterworfen und nicht berufen
seien, neue Glaubenssätze aufzustellen,
b) er wurde sich klar darüber, daß die Kirche nicht allein auf
Dogmen und Lehren beruhte, sondern zugleich eine
weltlich- politische Macht sei.
4. In drei großen Reformationsschriften von 1520
sagte er sich förmlich von den Überlieferungen der
römischen Hierarchie los [56], der deutsche Humanismus
trat auf seine Seite.
55b. Wie vollzog Luther schrittweise den Bruch mit den irdischen
Gewalten?
1. Durch das Verbrennen der Bannbulle vollzog sich
der endgiltige Bruch mit der geistlichen Macht.
2. Durch sein freimütiges Bekenntnis auf dem Reichs¬
tage zu Worms kam es zum Bruche mit der weltlichen
Macht: