Die ersten städtischen Ansiedelungen in Deutschland. 89
nicht genug, daß ber frembe Kaufmann in benfeiben einkehrte unb seine
Waren auf bem Kirchhofe feilbot, es mußte in ber Stabt felbst Hanbelsleute
geben, bie ben Taufchhanbel ausbeuteten. Bei ber bäuerlichen Gestalt ber
ersten germanischen Stabte ist es nicht leicht, bie herauszusinben, welche sich
ausschließlich bem geschäftlichen Leben Hingaben. Zunächst mögen sich überall
alsbalb frembe Kaufleute niebergelaffen haben. Dann bürsten wohl schon
bamals bie Juben als Kleinhänbler von Hof zu Hof, von Stabt zu Stabt
gewanbert fein. Enblich mag wohl an manchen Orten ein Rest römischer
Bevölkerung vorhanben gewesen sein, bem berartige Beschäftigungen bereits
geläufig waren.
Am beutlichsten traten bie Spuren bes Romertums in Regensburg zutage.
Hier gab es eine Gesellschaft von Kaufleuten, bie sich ihres römischen Ursprungs
bestimmt erinnerten. Sie scheinen in einem befonberen Viertel, im Kaufmanns¬
viertel, zusammengewohnt zu haben, sie hatten eine „Lateinerstraße" unb einen
„Römling." Auch in Köln mag eine kleine römische Gemeinbe bie Ver¬
wüstung überbauert haben. Hier wie anberwärts tauchen in alten Namens¬
verzeichnissen Bürger aus, bie ausbrücklich Romani genannt werben. Aber
wie ansehnlich wir uns auch immer bie Reste ber römischen Bevölkerung
in ben Rhein- unb Dvnanstäbten benken mögen, von einem Einfluß ber-
selben auf bie stäbtischen Verhältnisse kann schwerlich bie Rebe sein. Die
angesehenen römischen Familien waren versprengt ober ermorbet, bie Über¬
bleibsel waren in Knechtschaft geraten. Die Sohne römischer Senatoren
hüteten bie Herben ber germanischen Herren, bie römischen Kaufleute unb
Hanbwerker waren gezwungen, sich auf herrschaftlichem Grunb unb Bo ben
anzusiebeln uub gerieten baburch in Abhängigkeit. Das Römertum ging
unter im Germanentum.
Zählen wir noch einmal in ber Kürze bie Elemente auf, aus beneit
sich bie ersten beutscheu Stabte bitbeten, so sinben wir vor allem nicht eine
einzige große Gemeinbe, bereu ©lieber, wie verfchiebeuartig sie sein mögen,
ihre Zusammengehörigkeit fühlen, fonbern mehrere Gemeinben, bie nur in
einem sehr lockern Verbanbe stehen. Vor allem lagerten einanber bie bei¬
den großen unfreien Gemeinben ber Königspfalz unb bes Stifts gegenüber,
ihnen zur Seite behauptet sich in stolzer Unabhängigkeit bie Gemeinbe ber
freien Grunbbesttzer, beren große Höfe wieber kleinere Gemeinben bilben;
enblich stebelt sich auf bem Grunb unb Boben ber verschobenen Herr¬
schaften eine bewegliche, inbustrielle Bevölkerung an, bie zwar persönlich
frei, aber burch ihre Wohnstätte (binglich) abhängig ist. In ber Regel
sinb alle biese Gemeinben in ben wiebererstanbenen Römerstäbten erkennbar,
wenn sich auch hie unb ba einzelne ©lieber, z. B. bie Pfalzgemeinbe ober
bie Gemeinbe ber Freien, nur in bürstigen Spuren nachweisen lassen.
Fielen so bie ersten germanischen Stabte in einzelne Ansiebelungen aus-
einanber, fo zeigen sie boch in ber Mehrzahl schon vor Karl bem Großen
einen gewissen äußeren Glanz unb eine inbiöibuelle Gestaltung. Köln, bas
schon zu Chlobwigs Zeit als Resibeuz fränkischer Könige eine Rolle spielt,