440
jedes Auge einen leuchtenden Punkt dort sucht, wohin die Richtung
der von dort ausgehenden Strahlen weist. Beide Augen empfangen
nun das Bild des gesehenen Gegenstandes auf ähnlich gelegenen
Stellen der Netzhaut, und beide Eindrücke werden deswegen auch
als ähnliche oder gleiche empfunden.
Dagegen verinögen wir nur mit beiden Augen die Dinge
als wirkliche Körper zu erkennen. Wir erhalten von jedem Gegen¬
stand in jedem Auge ein etwas verschiedenes Netzhautbild, insofern
wir nämlich mit dem linken mehr von seinen linksliegenden Teilen
und mit den: rechten Auge mehr von den rechtsliegenden sehen.
Indem unser Urteil nun diese verschiedenen gleichzeitigen Eindrücke
zusammenfaßt, gewinnen wir die Vorstellung der Körperlichkeit,
wogegen uns auch das meisterhafteste Gemälde stets doch nur den
Eindruck einer Fläche machen wird.
In dem von Wheatstone 1838 erfundenen und später von
Vrewster verbesserten Stereoskop wird der natürliche Vorgang beim
Sehen mit zwei Augen nachgeahmt. Man legt zwei von etwas
verschiedenen Standpunkten aufgenommene Zeichnungen oder Photo¬
graphien eines Gegenstandes, einer Landschafl usw. in diesem
Apparat nebeneinander und betrachtet sie durch Linsengläser, die
so angebracht sind, daß sich ihre Achsen in der deutlichen Sehweite
schneiden. Deswegen müssen die beiden Ansichten für beide Augen
zusammenfallen und eine optische Täuschung — fälschliche Vor¬
spiegelung der Körperlichkeit — Hervorrufen.
Bringt man dagegen zwei ganz genau gleiche Zeichnungen,
etwa zwei echte Banknoten gleicher Art, in das Stereoskop, so wird
man doch nur ein falsches Bild, ohne Tiefe sehen. Sind aber die
beiden Geldscheine nicht von derselben Platte, oder ist die Schrift
von einem anderen Satz, so wird niemals völlige Übereinstimmung
sich ergeben. Man braucht deswegen einen zweifelhaften Kassen¬
schein nur mit einem wirklich echten der gleichen Art zusammen
in ein Stereoskop zu stecken und zu betrachten, um sofort Gewißheit
zu erhalten. Jedes Heraustreten der Schrift oder Zeichnung aus
der Ebene verkündet unzweifelhaft, daß man es mit einer Fälschung
zu tUN hat. Nach Dr, Merker.
172. Körperstoffe und Nährstoffe.
Unser Körper besteht aus einer Reihe von Stoffen, welche
durch die Lebensvorgänge unaufhörlich verbraucht werden und, da
dieselben für das Fortbestehen des Menschen notwendig sind, dauernd
ersetzt werden müssen. Diese Stoffe werden deshalb Körperstoffe
genannt. Man kann dieselben im wesentlichen in folgende fünf
Gruppen einordnen: Wasser, Mineralbestandteile (Salze, ^1^6); Ei¬
weiß (und leimgebende Substanzen), Fette,- zuckerartige Körper oder