97. Der heldienzug Ottos III.
welschen, weicht und gebt uns Raum und scheut die
grimmen Streiche;
wir tragen einen Raisertraum und eine Raiserleiche.
Dem Jüngling schien zu nebelgrau das schlichte Land der Sachsen,
Ihn zog's nach Südens goldner Ru, wo stolz die Lorbeern wachsen.
Der Romstadt, die am Tiber prangt, ihr galten seine Taten; — 5
Die Römer haben's ihm gedankt und haben ihn verraten.
Tr ruhte nicht, bis er aufs neu' ihr stolzes Reich gestiftet; —
Die Römer schwuren ew'ge Treu' und haben ihn vergiftet.
Und als sein herz litt Sterbensqual, begann es deutsch zu schlagen; —
Das war das erst- und letztemal in allen seinen Tagen. 10
Er sprach: „Ihr Freunde treu und schlicht, tragt mich zum heimatlande,
Laßt einsam meine Rsche nicht auf fremdem, falschem Strande."
Und als er hob zum letztenmal das Haupt in goldnen Locken,
Da heulten dröhnend in den Saal zum Sturm die röm'schen Glocken.
Und als sein Blick den Glanz verlor, da stand dar Haus in Flammen; 15
wir aber brachen aus dem Tor und hieben sie zusammen.
Da gab's ein mächtig Schrein und Fliehn, der Tiber ging in Leichen,
Das Forum und der Palatin erscholl von deutschen Streichen,
wir trugen ihn von hinnen frei, mit Blut den Schritt erworben,
Und unter unserm Siegsgeschrei ist lächelnd er gestorben. 20
wir tragen auf zwei Lanzen quer den Sarg bei Sturmgeläute;
Die welschen schwärmen um uns her wie Wölfe nach der Beute,
von jedem Dach fliegt Stein und Erz, es gellt der Weiber Stimme;
wir ziehn dahin mit Stolz und Schmerz, mit stillem, heißem Grimme.
Den Helm geschlossen, nackt das Schwert, den Schild umklirrt von Pfeilen, 25
Ziehn wir, den Rlpen zugekehrt, still, langsam, sonder Eilen.
Denn eine edel heil'ge Last wir tragen in der Mitte;
Da ziemet keine schnöde hast, da ziemen stete Schritte.
Die kühnen Schwaben schreiten vorn, links Bayern, rechts die Franken,
Den Rücken decken, zäh im Zorn, die Sachsen, die nicht wanken. 30
So ziehn wir traurig, grimmig, stolz; am Tag trotzt uns kein Degen;
von rückwärts nur zischt Pfeil und Bolz aus Gl- und Weingehegen.
Und fall'n sie uns zur Nachtzeit an, — sie finden wache Herzen;
wir zünden ihre Dörfer an zu roten Leichenkerzen,
haut nieder, was heran sich wagt, schont Weiber nur und Rinder, 35
Und jeder, den ihr niederschlagt, das ist ein Todfeind minder.
$0 ziehn wir fort durch Land und Strom, dem Vaterland entgegen,
Bis wir die heil'ge Last im Dom zu Rachen niederlegen, s. vahn.