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wohnt, Angehörigen derselben Zunge, der sich auch die Samniten
bedienten und die beiläufig zum Latein so steht, wie das Ober¬
deutsche zum Niederdeutschen. Oskisch sprach die untere Volks¬
schicht in Pompei auch unter römischer Herrschaft, wo das Latein
als die offizielle Sprache eingeführt war; unter den später zu
erwähnenden Wandkritzeleien finden sich nicht wenige, die im
oskischen Dialekt verfaßt sind. Ferner läßt sich die Baugeschichte
der Stadt in diese oskische Periode zurückverfolgen; die älteren
Bauten zeigen oskisches Maß, von den späteren wenigstens
die öffentlichen römisches; bei Privatbauten wnrde noch länger
der altübliche „Fuß" gebraucht. — Voriges Jahr erfolgte eine
Entdeckung, die ziemliches Auffeheu hervorrief; daß nämlich einer
der älteren, jedenfalls bedeutendsten Tempel in Pompei dem Apollo
geweiht sei: dies bezeugte dem Dr. Mau iu Rom, dem tüchtigsten
Kenner Pompeis unter den Deutschen, eine im Marmorboden
der Tempelcella durch sauber gebohrte Löcher gebildete oskische
Inschrift. Bisher hatte man diese einst wohl mit Metall, vielleicht
mit Silber ausgelegten Buchstaben übersehen und den Tempel
hypothetisch der Venus zugeschrieben (auch in den Reisehand¬
büchern ist er als Venustempel bezeichnet), weil dort eine Venns-
statne gefunden worden war; während man jetzt an den riesigen
Dreifuß unb an die Statuen der Letokinder erinnert, die gleich¬
falls dort vor sechzig Jahren zu Tage gefördert find.
Dies Beispiel zeigt zugleich, wie griechisches Wesen, nament¬
lich die griechische Götterlehre die oskische Bevölkerung von
Alters her beeinflußt haben.
Infolge des Bundesgenossenkrieges, da das römische Bürger¬
recht über ganz Italien erstreckt wurde, vollzog sich in Pompei
die Umwandlung der oskischen in eine römische Stadt; Sulla
führte eine Kolonie seiner Veteranen hierher und Pompei hieß
seitdem „colonia Veneria Cornelia“ nach der Venns, welche die
Schutzpatronin der Stadt war und nach L. Cornelius Sulla,
dem Stifter der Kolonie.
An die Spitze der Gemeindeverwaltung traten nach römischem