Kapitel I. Gründung Roms. 39
alle Geschenke, die sie von Äneas erhalten hatte, darauf legen und verbrennen
und bestieg ihn zuletzt selbst. Dann stach sie sich einen Dolch in die Brust.
Ihre Leiche verbrannte.
§ r. Hrtcas kommt nach Italien.
Äneas fuhr nordwärts und kam nach Sizilien. Hier starb ihm sein
Vater. Trotz freundlicher Aufnahme, die er hier fand, setzte der Held die
Fahrt doch weiter fort, nach dem Lande seiner Bestimmung.
Er kam nach der Stadt Cnmae, wo eine berühmte Wahrsagerin (eine
Sibylle) wohnte, die ihm in dunkeln Worten die Zukunft kündete. ©ie_ sagte
ihm, daß er dort eine neue Heimat finden würde, wo er mit seinen Gefährten
vor Hunger sogar die Tische verzehren würde.
Darauf gelangte Äneas in den Fluß Tiber. Das Land gefiel dem
Jrrfahrer sehr. Bei einer Streise ins Land hatte man Mehlkuchen mit¬
genommen, und beim Essen hatten einige von ihnen andere Speisen auf diese
Kuchen gelegt. Zum Schluß brachen sie auch von den Kuchen Stücke ab,
um sie zu esseu. Da rief der kleine Askanios: „Sieh, Vater, wir essen jetzt
unsere Tische!" Da wurde Äneas froh, als er sah, wie freundlich sich das
Orakel erfüllt hatte.
Nun ließen sich die Trojaner im fremden Lande nieder. Nach anfäng¬
lichen Kümpfen befreundeten sie sich mit dem Volk der Latiner, das hier
wohnte.
Äneas heiratete die Tochter des Königs des Landes. Sie hieß Lavi-
nia. Ihr zu Ehren nannte er eine neugebaute Stadt Lavininm. Nach
langer Regierungszeit ist Äneas als siegreicher Held im Kampfe gegen
ein Nachbarvolk gefallen.
§ 4. Romulus und Remus.
Askanios (der hier in Italien Jnlus genannt wurde) hatte eine neue
Stadt gegründet. Die hieß Albalouga. Von seinen Nachkommen hier hieß
ein König Proeas, der hatte zwei Söhne Nnmitor und Amulins. Nach
des Vaters Tod stieß Amulius seinen Bruder Numitor vom Thron und setzte
sich darauf. Des Numitor Sohn ließ er totschlagen und die Lochter Rhea
Silvia als Vestalin in einen Turin sperren. (Die Vesta linnen waren Prieste-
rinnen der Göttin Vesta und durften sich nicht verheiraten.) So glaubte
Amulius sicher zu sein und keinen Nachkommen des Bruders fürchten zu
brauchen. Aber es kam ganz anders. Der Kriegsgott Mars besuchte die
schöne Priesterin und machte sie zu seiner Gemahlin. So kam es, daß sie
Zwillinge gebar. Als Amulius davon hörte, erschrak er gewaltig uud befahl
die Knaben ins Wasser zu werfen. Die Diener trugen in einem kleinen Korb
die Kinderchen zum Tiberfluß und setzten den Korb ins Wasser, das an dieser
Stelle recht seicht war. Dann gingen sie weg. Die Kleinen singen vor
Hunger bald an fürchterlich zu schreieu, so daß eine Wölfin angelockt wurde.