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Vorbegriffe und
Wassermenge in einem breiten flachen Bette langsamer fort als in
einem schmalen tiefern, wo der Druck größer ist; allein das tiefe
wie das flache Gewässer würde still stehen ohne Abfluß und ohne Ab¬
hang des Bettes. Nach diesem Abhang richtet sich die größere oder ge¬
ringere Geschwindigkeit eines Flusses, mit anderm Worte: sein Gefall.
Gefall ist demnach der Höhenunterschied zwischen zwei gewissen
Punkten der Oberfläche eines Flusses in seiner Länge. Man sagt
z. B. der Fluß hat an jener Stelle auf eine gewisse Anzahl Schritte
so und so viel Fuß oder Zoll Gefall. Je nachdem nun der Fluß eine
stärkere oder sanftere Abdachung, ein abhängiges Bergthal oder eine
fast waagrechte Ebene durchläuft, wird sein Gefäll größer oder klei¬
ner sein. Das Gefäll ver Gebirgwasser ist so, daß sie stürzen. Ein
Strom, der in einer Secunde sechs Fuß fließt, ist sehr reißend; und
wenn er auf 200 Schritt nur einen Fuß Gefäll hat, kann er doch
aufwärts kaum beschicht werden. Die Elbe zwischen Wittenberg und
Magdeburg fällt auf 1200 Fuß Lauf nur etwas über drei Zoll.
Man hat das Gefäll vieler Ströme von ihrem Ursprung bis an's
Meer gemessen. Um dies zu können, mußte man ausmitteln, wie viel
Fuß mehrere Ortschaften an seinem Ufer höher liegen als der Meer¬
spiegel; denn dieser Spiegel ist ja die tiefste Fläche, die wir uns
horizontal unter dem Lande durch bis senkrecht unter den Quell des
Flusses fortgesetzt denken. Ist vermittelst mathematischer und physika¬
lischer Instrumente die Höhe vieler Punkte des Stromspiegels über
jener waagrecht gedachten Fortsetzung der Meerfläche bestimmt, so
sagt man: der Strom hat da und da so viel Fuß See höhe. Der
Rhein hat z. B. in Mainz 256 Fuß Seehöhe, bei Basel 765, und
noch weiter stromauf bei Reichenau in Graubündten 1815.
Das Wort Seehöhe wird auch absolute Höhe genannt. Wenn
ich einen Thurm messe, so sag' ich: er erhebt sich so und so viel Fuß
von dem Platze, worauf er steht. Eben so kann ich von einem Berg¬
gipfel sagen: Er ist so und so viel hundert oder tausend Fuß über
dem nächsten Thal oder dem nächsten Flußspiegel erhaben. Dies nennt
man nicht absolute, sondern nur relative (bezugsweise) Höhe, denn
über einem andern Nachbarthale oder Flusse wird seine Höhe auch
anders sein. Gibt man aber seine Seehöhe an, so heißt sie absolute
Höhe. — Ueber Barometermessungen siehe Abschnitt III. §. 35.
§. 14. Wasserscheiden.
Da alle Wasser von höherer Gegend der niederen zufließen, so
ist jedes Flußgebiet von Gebirgen oder Landrücken oder doch von ei-