Full text: Vom Zeitalter der Reformation bis zum Tode Friedrichs des Großen (Bd. 5)

Kapitel XV. Das Zeitalter Friedrichs des Großen. 91 
das seit 1648 in schwedischen Händen war. Jetzt war es dem aufstrebenden 
Kurfürstentum Hannover zugefallen, das, auf England gestützt, große An¬ 
strengungen mackte, das rascher wachsende Brandenburg einzuholen. 
Über Schweden hinweg hob sich jetzt wieder Dänemark, obwohl es bis 
zuletzt von den schwedischen Heeren geschlagen worden war. In Schweden 
erhob der Adel sich zu neuer Macht. Eine Adelsherrschaft fchwächte das 
Königtum. Zwei Parteien aber standen sich feindlich gegenüber, die der 
Hüte, die Kriegspartei, und die der Mützen (Schlafmützen), die Friedens¬ 
partei. Das Land konnte nicht zur Ruhe kommen. Und doch erholte es 
sich so weit, daß es sogar eiueu gewissen Aufschwung feiner Industrie und 
seiner Wissenschaft erlebte. Die Naturforscher Lin ne und Celsius machten 
den schwedischen Namen auch in dem Reich des Geistes unsterblich. 
"Kapitel XV. Das Zeitalter Friedrichs des Großen. 
§ 1. Preußens Organisation. 
Während man in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in fast jeder 
Hinsicht in Deutschland noch unter dem Einfluß des französischen Wesens 
stand, bahnte sich bereits die Befreiung von dieser geistigen und wirtschaft¬ 
lichen Fremdherrschaft an. Und zwar ging die bewußte Zusammenfassung 
deutscher Kraft von Prenßen-Brandenbnrg aus. 
1. Friedrich Wilhelm I. 
Der preußische Staat — wie mehr und mehr Braudenburg-Preußen 
genannt wurde — hatte das Glück, ein so kraftvolles Herrscherhaus zu 
haben, das in kurzer Zeit drei hervorragende Persönlichkeiten hervorbrachte, 
den Großen Kurfürsten, Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. Zwei von 
ihnen, der Große Kurfürst und der große Friedrich, waren sogar geniale 
Menschen. 
Friedrich Wilhelm war an einem Hof groß geworden, der durchaus Friedrich 
kein Vorbild für eiueu gewissenhaften Regenten sein konnte. Der junge n'13-40.1' 
Prinz entwickelte seinen Charakter im Gegensatz zu dem, was er sah und 
hörte. Sowie er König geworden war, führte er ein Sparsystem ein, wie 
man es damals an keinem Fürstenhofe gewohnt war. Alle Luxuspferde 
wurdeu verkauft, das Hofperfonal anf ein Drittel des Bestandes vermindert, 
das Silbergeschirr größtenteils eingeschmolzen. Die Königin Sophie Dorothea, 
eine verwöhnte hannoversche Prinzessin, fühlte sich an diesem Hose nicht wohl. 
Sie verstand den großen Sinn ihres königlichen Gemahls nicht. Dieser 
König kümmerte sich um alles. Vom frühen Morgen an revidierte er die 
Kaffen und sah den Steuerbeamten auf die Finger. Mittags besuchte er 
wohl Berliner Bürger, kostete von deu Gerichten auf dem Tisch und fragte
	        
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