Full text: Vom Zeitalter der Reformation bis zum Tode Friedrichs des Großen (Bd. 5)

Kapitel XVI. Der Kampf um das österreichische Erbe. 111 
einen lebendigen Helden, dessen Taten er gierig in sich einsog, empfand der 
junge Goethe in Frankfurt a. M., als die Siege Friedrichs dort bekannt Goethe, 
wurden. Dieser Dichter suchte alles, was sich an energielosem, weichlichem 
Dahinbrüten angesammelt hatte, zur Entladung zu bringen, als er seinen 
„Werther" schuf, ein Werk feinster seelischer Beobachtung und tiefsten Ver- 
stehens des Seelenlebens, zugleich auch ein Werk edelster Duldung und Nach- Wcrthcrs. 
sicht. Die ganze Verkommenheit des sozialen Lebens der kleinen und kleinsten 
Herrschaften des vielgefürsteten Vaterlandes deckte Lessing auf in seiner 
Emilia Galotti, wo die Tatenlosigkeit dieser Egoisten, die nicht Diener ihres Seifmg 
Staates waren, so recht in das helle Licht der Staatsauffassung Friedrichs 
gerückt wurde. Doch gab es auch unter den Kleinstaaten eine Menge, die 
im Sinne Friedrichs wirtschafteten. Selbst solch ein Tyrann wie Herzog 
Karl Eugen von Württemberg, unter dessen Druck der junge Schiller seine Schiller, 
leidenschaftlichen Räuber in die Welt schleuderte, wurde am Ende ein wirk¬ 
licher, fürsorglicher Landesvater. Eine Sammelstätte geistigen freien Lebens 
und hoher Kultur wurde besonders das kleine Sachsen-Weimar Karl Augusts, 
namentlich seit Goethe dort heimisch geworden war. 
So war Deutschland in lebhafter Umbildung begriffen. Hoffnung auf 
besseres Los des Erdendaseins kam über die Bedrückten, als von Westen her 
sich ein Orkan erhob, der dieses Feuer, das auf vielen Herden wärmend und 
leuchtend glomm, zu schnell verzehrender, lohender Flamme ansachte.
	        
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