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Aber gleich die erste Wahl war zwiespältig. Der eine Teil der Stimmen
fiel auf den König Alfons von Eastilien, den Enkel Philipps
von Schwaben, der andere auf Richard von Corn wallis, den
Bruder des Königs von England. Alfons hat niemals seinen Fuß auf
deutschen Boden gesetzt. Richard kam dreimal nach Deutschland und
wurde auch in Aachen gekrönt; doch sein Ansehen währte nur so lange,
als seine reichen Geldspenden flössen.
Überall herrschten Willkür und rohe Gewalt; durch blutige Fehden
wurde das ganze Reich verwüstet, das Raubrittertum stand in höchster
Blüte, und nur der konnte sich noch Recht verschaffen, der über eine
kräftige Faust verfügte. Es war die Zeit des Faust rechtes,
und wohl durfte der Dichter diesen Abschnitt in der deutschen Geschichte
die „kaiserlose, die schreckliche Zeit" nennen.
2. Kaiser aus verschiedenen Häusern (1273—1347),
Rudolf von Habsburg. (1273—1291.)
Wahl und Persönlichkeit. Nach dem Tode Richards von Corn-
wallis kamen die Wahlfürsten mit Ausnahme des Königs Ottokar von
Böhmen zu Frankfurt zusammen und wählten den Grafen Rudolf
von Habsburg zum König. Seine Wahl verdankte er hauptsächlich
dem Betreiben des Erzbischofs Werner von Mainz, dem er einst
auf einer Reise über die Alpen sicheres Geleit gegeben hatte, und dem
Burggrasen Friedrich III. von Nürnberg. Nach voll¬
zogener Wahl wurde Rudolf in der alten Kaiserstadt Aachen in feier¬
licher Weise gekrönt. Den Wahlfürsten schien Rudolf der geeignete
Mann für den deutschen Königsthron zu sein; denn Rudolf war von
großer Tapferkeit und ftaatsmännifcher Klugheit, dagegen brauchten sie
ihn wegen einer zu großen Hausmacht nicht zu fürchten. Er war ein Mann
von schlichtem, derbem Wesen, gegen jedermann freundlich und herab¬
lassend, streng rechtlich und von aufrichtiger Frömmigkeit. Wie er sich
durch seine Einfachheit von den Staufen unterschied, so lagen ihm auch
Weltherrschaftspläne fern. Er hatte sich zur Aufgabe gestellt, im Reiche
für Ruhe und Ordnung zu sorgen; zugleich suchte er auch seine Haus¬
macht zu mehren.
Kampf mit Ottokar von Böhmen. An der Wahl Rudolfs hatte
sich Ottokar, der König von Böhmen, nicht beteiligt; er hatte gehofft,
selbst' mit der Kaiserkrone geschmückt zu werden, und auch nach der Wahl
versagte er dem neuen Könige die Huldigung. Aufgefordert, die wider¬
rechtlich in Besitz genommenen Reichslehen der 1246 ausgestorbenen