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2, Das Ostgotenreich unter Theodorich d. Gr. Aber auch Odoakers Reich
war nur von kurzer Dauer. Denn bald kam Theodorich d. Gr., den die Sage
Dietrich von 83em nennt, mit seinen Ostgoten aus Ungarn herbei, beseitigte
Odoaker uud nahm Italien in Besitz. Unter Theodorich hatte Italien Frieden
und gelangte zu hoher Blüte. Wasserleitungen wurden angelegt und Sümpfe
getrocknet. Wo steinige Wüsten gewesen waren, wogten wieder Kornselder.
Seine Hauptstadt Ravenna schmückte Theodorich mit Kirchen und anderen
Kunstwerken. Gegen die Römer übte er Milde. 60 Jahre dauerte hier das
Gotenreich. Nach Theodorichs Tode bereiteten List und Verrat dem Volke den
Untergang. 20 Jahre hatte es sich heldenmütig gegen die Oströmer verteidigt,
da erschien Narses, der Feldherr des oströmischen Kaisers, und trieb die Goten
nach Süden bis an den Vesuv. Hier hat der letzte Goteukönig Teja unaus¬
löschlichen Ruhm für seiu Volk erkämpft. 555. Tagelang dauerte die Schlacht.
In der ersten Reihe stand Teja wie ein Turm und sandte seine Lanzen mit un¬
erschütterlicher Ruhe in die Reihen der Feinde. Als er den breiten, mit Speeren
gespickten Schild wechseln wollte, traf ihn ein rascher Wnrs. Die letzten Goten
erhielten freien Abzug und verschwanden in der germanischen Völkerwelt nördlich
der Alpen. Italien wurde eine Provinz des oströmischen Reiches.
3. Das Langobardenreich. Schon im Jahre 568 eroberten die Langobarden
(aus dem heutigen Brandenburgischen und Lüneburgischen) unter ihrem Könige
Alboin den größten Teil Italiens und gründeten hier das lombardische König¬
reich mit der Hauptstadt Pavia. Mit dem Zuge der Langobarden endete die
Völkerwanderung.
Das römische Weltreich war zertrümmert. Römisches Wesen aber blieb noch
lange von Einstuß. Latein wurde die Sprache der Kirche, der Gelehrten und
Staatsmänner. Die Ostgermanen (Goten) waren unterge-gangen. Von den
neugegründeten westgermanischen Reichen hatten nur wenige Bestand. Indem
sich die Germanen mit den Römern vermischten, entstanden die romanischen
Völker: Italiener, Franzosen und Spanier. In die früher von Germanen be¬
wohnten Gebiete östlich der Elbe und Saale drangen die Slawen ein.
IV. Das Frankenreich.
U Chlodwig» 500 n. Chr.
500 1. Gründung des Frankenreiches. Unter den neuen Reichen, die durch die
Völkerwanderung entstanden, wurde bald das Frankenreich das mächtigste. Es
lag im nördlichen Gallien und zu beiden Seiten des Niederrheins. Anfänglich
wohnten die Franken östlich vom Rhein, drangen aber allmählich über den
Strom nach dem nördlichen Gallien vor. Sie waren gefürchtete Krieger und
galten den Feinden als die grau amsten und treulosesten aller Menschen. Ur¬
sprünglich zerfielen sie in viele einzelne Stamme oder Gaue. Jeder Gau wählte
sich einen eigenen König. Dieser trug zum Zeichen seiner Herrschaft über dem
lang Herabwallenfyen Haupthaar einen goldenen Ring; die übrigen Franken
schoren ihr Haar kurz. Der erste König, der die einzelnen Reiche zu eaiem
großen vereinte, war Chlodwig, aus dem Geschlecht der Merowinger.