Deutsche Geschichte.
I. Die Germanen.
i. Das Eand and feine Bewohner.
1. Land. In uralten Zeiten bedeckten unermeßliche Laubwälder und große
Sümpfe unser Vaterland. Ans den Waldschluchten stürzten der riesige Ur und
das Elen hervor, und das Geheul der Bären und Wölfe ertönte weithin durch
die Einsamkeit. An edeln Fruchtbäumen war das Land arm, aber es lieferte
wildes Obst, zahlreiche Beeren, schmackhafte Rüben, große Rettiche und Spargel.
Die Weideplätze prangten in üppiger Fülle und gewährten den grasenden Rindern
und Pferden saftige Kost.
2. Bewohner. Die Germanen waren ein rauhes, kernhaftes Geschlecht
von großem Wuchs und kräftigem Gliederbau. Aus den trotzigen, blauen Augen
strahlten Mut und Kühnheit. Blondes Haar umwallte das Haupt. Bei einigen
Stämmen war es oben zu einem Knoten zusammengebunden. Über Kleidung
und Ausrüstung berichten uns nicht nur römische Schriften und Abbildungen,
sondern auch im Moore guterhaltene Leichenfunde. Um die Schulter hing das
Fell eines erbeuteten Wildes. Später trug man ein leinenes Untergewand und
darüber einen Mantel ans grauer Wolle, der auf der rechten Schulter von einer
Spange oder einem Dorn zusammengehalten wurde.
3. Wohnung. Städte hatten die Germanen nicht. Ihre Wohnungen lagen
meist einzeln; jedes Gehöft war von dem zugehörigen Acker umgeben. Die
Häuser wurden aus rohen Baumstämmen zusammengefügt, die Fachwerke mit
Rasen und Lehm ausgefüllt und mit roter oder gelber Farbe übertüncht. Die
Dächer fertigte man aus Schilf, Heidekraut und Gezweig. Der Hofraum war
durch Pfahlwerk oder Gräben und Wälle abgeschlossen. Mehrere Gehöfte bildeten
einen Weiler, mehrere Weiler einen Gau. Im Süden lebten die Germanen
auch in größeren Dörfern zusammen.
4. Beschäftigung. Ackerbau gewährte den Männern kein Vergnügen. Er
wurde den Frauen und Sklaven überlassen. Man baute Hafer, Gerste, Flachs
und Hanf. Auf Viehzucht dagegen verwandte man mehr Fleiß, und stattliche
Herden waren der Stolz der Germanen. Ihre größte Lust aber waren Jagd
und Krieg, und am Schild und Speer hingen sie mit inniger Verehrung.
Lieber verloren sie ihr Leben als den Schild. Die Anwohner der Nord- und
Ostsee trieben auch Fischfang und unternahmen kühne Raub- und Kriegsfahrten.
5. Nahrung. Einfach war ihre Speise. Sie bestand ans Früchten, Milch,
Schweinefleisch, erlegtem Wild und Gemüse. Haser und Gerste wurden auf der
Handmühle gemahlen und dann zu Brot verbacken. Aus Gerstensaft bereiteten
jie eine Art Bier, aus Honig Met. Bei den Gastmählern ließen sie den Becher
fröhlich kreisen und sangen dazu Lieder, in denen die Heldentaten ihrer Vor¬
fahren verherrlicht wurden.
Reallenbuch A. (I. Geschichte.) 1 1