Full text: Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

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Die Reform ationszeit. 
getrieben habe, antwortete er: „Er saß in einem Birkenwald und 
D schnitt Ruten für naseweise Leute, die unnütze Fragen stellen." □ 
6. In dem leer gewordenen Augustinerkloster bereitete ihm seine 
Hausfrau Käthe (Katharina von Bora), die sich mit vielen an¬ 
deren Nonnen aus dem Kloster frei gemacht hatte, einen häuslichen 
Frieden, den der vielbeschäftigte, vielgeplagte Mann so nötig hatte; 
mit ihr und seinen Kindern, „unseres Herrgotts Närrchen", erfreute 
er sich gern an Gesang und Saitenspiel, nahm aber auch mit ihnen 
teil an öffentlichen Festen. Im Kreise seiner Hausgenossen war der 
im Kampfe manchmal unholde Mann liebevoll und freundlich; er 
las mit feinen Kindern die Bibel und lehrte sie, alle Kreaturen seien 
Gottes Heer. „Gott versteht alle Handwerke," sagte er einmal: „in 
seiner Schneiderei macht er dem Hirsch einen Rock, der hundert Jahre 
hält; als ein Schuster gibt er ihm Schuhe an die Beine, und bei 
der lieben Sonne ist er ein Koch." Geriet er mit den Kleinen in 
einen Regen, so durften sie nicht klagen: „es regnet ja 100000 Gulden, 
nämlich Weizen, Haber, Gerste, Wein, Kraut, Zwiebeln, Gras und 
Milch." Wenn er mit ihnen einer Herde begegnete, so bezeichnete er 
die Tiere als unsere Milch-, Butter-, Käse- und Wollträger. Die 
Frage der Kinder, ob es im Himmel auch Hündlein gebe, bejahte 
er: „sie haben eine goldene Haut, Haare und Locken von Edelstein; 
wir lernen dort solche Geschöpfe machen, wie Gott: da wollen wir 
denn Vöglein mit schönen hellen Äuglein machen." 
Die in christlichen Pfarrhäusern stets heimische Mildtätigkeit übte er 
in einem Maße, das seiner „Herrin" manche Sorge schuf: er hat Ehren¬ 
becher und das Patensilber seiner Kinder verpfändet, um Armen zu helfen. 
7. Sein Gottvertrauen hielt ihn aufrecht, als Kummer feinen 
Lebensabend trübte, namentlich über die wachsende Uneinigkeit in 
seinem Vaterland, an dem er mit ganzer Seele hing. Den Aus¬ 
bruch eines inneren Krieges erlebte er nicht mehr. In feiner Geburts¬ 
stadt Eisleben hatte er einen langen Bruderzwist zwischen den Grafen 
1546 von Mansfeld geschlichtet; da rief ein fanfter Tod den Greis nach 
langjährigem Leiden und doch unerwartet ab. Die Leiche wurde nach 
Wittenberg übergeführt. Auf dem Wege läuteten die Glocken; 
scharenweise eilte das schluchzende Volk herbei. „Unser Vater ist ge¬ 
storben; wir sind alle Waisen geworden," klagte Melanchthon vor 
der Gemeinde und vor den Studenten. In der Schloßkirche zu 
Wittenberg ruht der Leib des Reformators.
	        
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