Full text: Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

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Die Reformationszeit. 
Sie verwarfen Kirche und Gottesdienst, die Kindertaufe und 
alle Gesetze und Gebräuche, die nicht in der Bibel vorgeschrieben 
seien. Das heiligste Buch war ihnen die Offenbarung Johannis. Bei 
eifrigem Bibellesen und der Predigt „erweckter" Brüder wollten sie 
freie, fromme Gemeinden bilden. Ein Bäcker aus Harlem, dann der 
Schneider Johann von Leyden waren ihre Führer. 
Sie vertrieben Katholiken und Protestanten aus der Stadt, zogen 
ihr Vermögen ein, verwüsteten Kirchen, verbrannten Bücher und alte 
Urkunden, führten Gütergemeinschaft und Vielweiberei ein. Nach 
sechzehnmonatiger Belagerung wurde das „Königreich Jerusalem" 
von dem Bischof von Münster mit Hilfe anderer Fürsten zerstört, 
□ seine Häupter martervoll hingerichtet.□ 
4. Karls V. Kriege und die Augsburger Konfession. 
1. Seitdem die Kriege mit England aufgehört hatten, suchten 
die Franzosen in Italien Fuß zu fassen. Ihr jugendlicher König 
Franz I. nahm Mailand und die Lombardei ein; in der Absicht, 
dieses deutsche Lehen zurückzuerobern, hatte Karl V. den Wormser 
Reichstag berufen. Ritter und Söldner aus den Ländern beider 
Monarchen zogen über die Alpen. 
Trotz Karls feindseliger Haltung gegen Luther eilten die deut¬ 
schen Bauernsöhne unter seine Fahnen und zogen unter Georg von 
Frundsberg auf bisher unbegangenem Pfad über die Alpen: 
zwei Landsknechte gingen vor und hinter ihm, durch eine Lanze, die 
sie an beiden Enden hielten, den dicken Herrn vor dem Absturz be¬ 
wahrend. Als Franz Pavia umschloß, stürmten die Kaiserlichen, 
Deutsche und Spanier, sein Lager. In zwei Morgenstunden war 
das stattliche Heer vernichtet, Franz gefangen. „Alles ist verloren, 
nur die Ehre nicht," schrieb er seiner Mutter. 
2. Als der junge König von Ungarn und Böhmen in einer großen 
Türkenschlacht siel, gewann sein Schwager, Karls V. Bruder Fer¬ 
dinand, Böhmen und einen Teil Ungarns: mit Spanien, den Nieder¬ 
landen, Mailand und Unteritalien, der deutschen Kaiserkrone und 
den amerikanischen Ländern, die eben jetzt erobert wurden, besaßen 
die Habsburger ein Reich, darin die Sonne nicht unterging. 
* O Diese ungeheure Ausdehnung der habsburgischen Macht ver¬ 
wickelte Deutschland in die großen Welthändel und machte es zum 
Schauplatz jahrhundertelanger Völkerkämpfe; Frankreich wurde der
	        
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