I. Die Neformationszeit.
1. Martin Luther (1483—1546).
1. Martin Luther entstammte einer armen Bauernfamilie,
die vor kurzem nach Eisleben zugewandert war. Er wurde mit der
ganzen finstern Strenge des Mittelalters, aber auch mit gewissen¬
hafter Sorgfalt erzogen: die Mutter hat ihn wohl wegen einer
Nutz bis aufs Blut gezüchtigt, und der kluge Vater trug ihn bei
schlechtem Wetter auf den Armen in die Schule; die Lehrer warteten
ihres Amtes mit Schelten und Schlagen.
Streng und klug wurde er auch wie die Eltern, die er zeitlebens
verehrt hat.
Unter Entbehrungen besuchte der Knabe die Schule zu Mans¬
feld, dann die Armenschule der „Brüder vom gemeinsamen Leben"
in Magdeburg, einer klösterlichen Brüdergemeinschaft, die sich haupt¬
sächlich der Erziehung der Jugend widmete. Endlich kam er auf die
Lateinschule zu Eisenach, wo er mit seinen Kameraden als „Kurrende¬
schüler" sein Brot vor den Türen ersingen mußte. Gerührt von der
Unschuld seiner Züge, bot ihm die Kaufmannsfrau Cotta zu Eise¬
nach in ihrem Haus eine Heimstätte und mütterliche Fürsorge.
Inzwischen gelangte der Vater als Bergmann zu Vermögen
und Ansehen; auf seinen Wunsch widmete sich Martin auf der Uni¬
versität Erfurt der Rechtswissenschaft, betrieb aber auch humanistische
Studien. Seine Herzenssorge ging jedoch auf sein ewiges Heil:
„Reitze dich los von der Welt und rette deine Seele!" Unter dem
Schrecken eines Gewitters trat er zum Verdrusse seines Vaters ins
Augustinerkloster zu Erfurt.
2. Redlich erfüllte er die Pflichten des Mönches. Er fegte die
Kirche, trug Holz und Wasser herbei und bettelte in den Stratzen
und Dörfern. Nach eindringenden Studien erhielt er die Priester¬
weihe. Allein den Frieden fand er nicht: das Suchen nach Eott,
Keller, Geschichte. Ausgabe L. Teil III. 1