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Samniter am Vorgebirge Gaurus bei Cumä*) und warfen sie in ihre un¬
wirtlichen Hochthäler zurück (343). Zwei Jahre später wurde ein förmlicher
Friede abgeschlossen. Der Gewinn desselben aber war, daß sich die Römer
in Campanien festsetzten.
Der Friede mit den Samnitern enthielt zugleich eine Erneuerung des
alten Bündnisses zwischen Rom und Samninm. Dies sollte den Römern so¬
gleich zu statten kommen, denn schon sahen sie sich in einen neuen Krieg ver¬
wickelt. Die Latiner, ihre nächsten Stammesverwandten und treuesten
Bundesgenossen, deren Gebiet unmittelbar an die Südgrenze des römischen
stieß, waren im Lause der Zeit zu der Überzeugung gelangt, daß die Römer
sie nur benutzten, wenn es Krieg gab, aber sie nie entschädigten, wenn sie mit
ihrer Hilfe gesiegt hatten. Alle Kriege der damaligen Zeit waren Raubkriege,
d. h. dem besiegten Volke wurde möglichst viel genommen, nicht dem Staate
nur, sondern auch dem friedlichen Bürger und Bauer, der keine Waffen trug,
und nicht allein sein Geld und was er sonst an beweglicher Habe besaß, sondern
vorzugsweise auch der Grund und Boden, den er sein eigen nannte, war eine
Beute des Siegers, ja die Bewohner selbst wurden weggeschleppt und als
Sklaven verkauft. Nun ließen wohl die Römer den Bundesgenossen, die an
ihrer Seite kämpften, einen Teil der beweglichen Beute zukommen, aber das
Land behielten sie für sich. Auf dieses hatte nur Anspruch, wer römischer
Bürger war. Darum schickten die Latiner Gesandte nach Rom und verlangten,
daß sie mit ihrem ganzen Gebiete in den römischen Gemeindeverband ausge¬
nommen würden. Wie früher die Plebejer, so wollten auch sie Anteil am
Regiments in Rom haben, wollten im Senate sitzen und Konsuln werden. Die
Römer waren entrüstet über diese Anmaßung. Patrizier und Plebejer betrach¬
teten eine solche Sprache der Bundesgenossen als eine Beleidigung, und nur
mit Mühe entkamen die Gesandten unverletzt ans der Stadt. Und aus der
Stelle beschlossen die Römer, die angethane Schmach mit den Waffen zn rächen.
Vier Legionen zogen aus, nicht geraden Weges nach Latium, sondern durch
das Gebirge nach Samninm, und erst als sie sich dort durch ein Hilfsheer ver¬
stärkt hatten, brachen sie in das benachbarte Campanien ein, um die Latiner
zu zwingen, den Streit möglichst fern von Rom auszufechten. Einer der
Konsuln, welche das römische Heer anführten, war Titus ManUus Tor-
quatus. In ihm personifizierte sich die herbe und strenge Tugend, welche
einem Römer der alten Zeit zukam. Zwar mangelte ihm jede höhere Bildung,
aber in der Einfachheit und Strenge seiner Lebensweise tag seine Kraft; un¬
erbittlich wie gegen sich selbst war er gegen andre, wenn es galt, das Interesse
des Staates zu wahren; vor dem Feinde erschien ihm Tapferkeit und Verschla¬
genheit als die höchste Kunst. Weil er einst im Zweikampf einen riesigen
Gallier besiegt und ihm den Halsschmuck (torques) geraubt hatte, führte er den
Beinamen Torqnatus. Hart und stolz antwortete er jedem, gegen den er
die Würde oder auch nur die Vorurteile des römischen Bürgers verteidigen zu
müssen glaubte. Er soll die latinischen Gesandten mit den Worten abgewiesen
haben: Ehe der Senat durch Menschen wie sie entweiht werden sollte, würde
er jeden Latiner, den er in der Sitzung träfe, niederstoßen.
*) Die Nachrichten über diesen ganzen Feldzug sind so unsicher, daß kaum die
gröbsten Umrisse feststehen.