Full text: Die Weltgeschichte in zusammenhängender Darstellung für Schule und Haus

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persönliche Feinde. Sie mußten erst feierlich miteinander ausgesöhnt werden. 
Daß dies dem Senate gelang, und daß sie selbst darauf eingingen, war gewiß 
ein schönes Zeichen für die hohe patriotische Gesinnung aller derer, Don denen 
das Heil des Staates abhing, und der erste Sieg in diesem Jahre. Mit dem 
beginnenden Frühlinge überstieg Hasdrnbal die Alpen aus demselben Wege, den 
vor 11 Jahren sein Bruder gegangen war. In Oberitalien traf er keinen 
Gegner an, verstärkte fein Heer durch Gallier und rückte langsam anf der flami- 
nifchen Straße nach dem Süden weiter. Bei Sena unweit Ancona an dem 
Flüßchen Metaurus stieß er auf den Konsul Livius, der ihm den Weg ver¬ 
legte. Hasdrnbal hatte schon vorher einige Reiter abgesandt, die seinem Bruder 
einen Brief überbringen sollten, worin er seinen ganzen Plan darlegte. Er 
forderte Hannibal auf, ihm bis Umbrien entgegenzukommen, dann wollten sie 
vereint aus Rom losgehen. Aber in der Nähe von Tarent fielen diese Boten 
in römische Gefangenschaft, und der Brief gelangte nicht an Hannibal, wohl 
aber an Nero, der bei Narnia in einem festen Lager Hannibal gegenüber 
stand. Sobald Nero den Brief gelesen hatte, war sein Entschluß gefaßt. Mit 
8000 Mann seiner besten Truppen beschloß er seinem Kollegen zu Hilfe zu 
eilen. Die übrigen sollten im Lager zurückbleiben und um jeden Preis Han- 
rubal festzuhalten suchen. So geschah es. In aller Stille und im Dunkel der 
Nacht verließ er mit den Seinen das Lager, ohne daß Hannibal etwas merkte. 
Sein Zug durch Mittelitalien war das schönste Zeugnis für die Heiligkeit und 
Gerechtigkeit seiner Sache. Die Bewohner strömten herbei, pflegten und er¬ 
quickten das Heer und begleiteten es mit ihren Segenswünschen; oft geschah es, 
daß ältere Männer und halberwachsene Jünglinge sich in Reih und Glied 
stellten und mitzuziehen begehrten. In der Nähe der Kolonie Sena vereinigte 
er sich mit Livius Salinator. Hasdrnbal blieb nicht ohne Kenntnis von dem 
Geschehenen, die Vereinigung der beiden Konsuln schien ihm ein Beweis dafür 
zu fein, daß Hannibals Heer geschlagen, ja vernichtet sei. Er beschloß des¬ 
halb, über den Metaurus zurückzugehen und sich wieder nach Gallien zu wenden. 
Aber die italienischen Führer, welche ihm eine bequeme Furt zeigen sollten, 
führten ihn irre. Die Nacht verging, und am Morgen mußte er, zwischen dem 
Flusse und dem römischen Heere eingeklemmt, sich zur Schlacht entschließen. 
Der Kampf war kurz und entscheidend. Beide Konsuln warfen sich mit aller 
Wucht auf Hasdrubals rechten Flügel, wo die spanischen Reiter mit wilder 
Tapferkeit kämpften. Von allen Seiten zugleich angegriffen, erlagen diese 
besten Truppen im karthagischen Heere den Schwertern der Römer. Has¬ 
drnbal selbst fand den Tod im Getümmel der Schlacht. Zehntausend Leichen, 
meist Spanier, bedeckten den Kampfplatz, der Rest des geschlagenen Heeres floh 
in vollständiger Auslösung der Heimat zu. So endete der Kampf bei Sena 
(207) mit einem glänzenden Siege der Römer. Das Hauptverdienst kam dem 
kühnen Znge des Claudius Nero zu; als eigentlicher Sieger aber wurde 
Livius Salinator betrachtet, in dessen Kommandobereiche der Kamps statt¬ 
gefunden hatte. 
In Rom erwartete man den Ausgang des Unternehmens mit der 
höchsten Spannung. Das aufgeregte Volk stürzte aus der Stadt den Boten 
entgegen, sobald deren Ankunft gemeldet wurde. Und als auf dem Forum 
selbst ein Senator den Sieg offiziell verkündigte, brach der Jubel aus. Ein 
dreitägiges Dankfest gab den Hoffnungen Ausdruck, die man an diesen Sieg
	        
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