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den Weg machte, wurde er von den Göttern ausgerüstet. Athene gab ihm
einen spiegelblanken metallenen Schild, Hermes ein Sichelschwert, die Nymphen
brachten ihm Flügelschuhe, eine Tasche und einen unsichtbar machenden Helm.
So mit allem wohlversehen, durcheilte er die Luft und kam zu den Schrecklichen.
Er fand sie schlafend und benutzte den günstigen Augenblick. Rasch hieb er der
Medusa das Haupt ab, und ohne es selbst anzusehen, nur das Spiegelbild im
blanken Schild betrachtend, steckte er es in die Tasche. In demselben Augen¬
blicke sprang aus dem blutenden Rumpfe des Ungeheuers das Flügelroß
Pegasus hervor. Auf dasselbe schwang sich Perseus, setzte den unsichtbar
machenden Helm auf und entfloh durch die Luft. Es war hohe Zeit, denn
schon erwachten die beiden anderen Gorgonen und drangen auf ihn ein. Unter¬
wegs bestand er uoch ein anderes Abenteuer. Als er au der Küste Äthiopiens
hinschwebte, sah er an einen Felsen angekettet eine liebliche Jungfrau, die
Königstochter Andrömeda, welche einem Seenngehener zur Speise vorgesetzt
war. Ihr eigener Vater hatte sie zum Opfer dargebracht, denn nur so, hatte
das Orakel gesagt, könnte das Land von dem Ungeheuer befreit werden.
Perseus ward vom tiefsten Mitleid ergriffen, ließ sich mit seinem Rosse zur
Erde herab, fragte die weinende Jungfrau nach ihrem Namen und erfuhr von
ihr, welch schreckliches Schicksal ihrer warte. Unterdessen rauschte das Meer
auf, das Ungeheuer stürmte mit geöffnetem Rachen heran. Da erhob sich
Perseus fchnell in die Luft, und während das Ungetüm nach seinem Schatten
schnappte, schwang er sich auf den Rücken desselben und bohrte ihm das Schwert in
die Brust. Vom Schmerz gepeinigt schlug es furchtbar um sich. Zum Glück
konnte sich Perseus auf einen Felsenvorspruug retten. Hier hielt er sich mit
der einen Hand fest, und sobald das Tier wieder an der Oberfläche des Meeres
erschien, stieß er ihm mit der anderen schnell mehrmals das Schwert in die
Weichen.^ s Blutend sank das Ungeheuer in die Tiefe. Nun befreite er die
Jungfrau und führte die Gerettete ihren Eltern zu, die in der Nähe in angst¬
voller Spannung dem Kampfe zugesehen hatten. Auf seine Bitte erhielt er
sie zur Gemahlin. Nach der Hochzeitsfeier führte er die junge Gattin nach
Seriphos. Hier gab er die Flügelsohlen und den Helm an Hermes zurück,
das Haupt der Medusa aber schenkte er der Athene, die es mitten auf ihrem
Brustharnisch befestigte. Perseus blieb nicht lange auf der Jusel. Mit der
Mutter und der Gattin kehrte er nach Argos zurück. Als Akrifios hörte, daß
sein Enkel heimkehre, floh er, des Orakels eingedenk, nach Lariffa. Aber auch
hier erreichte ihn das Verhängnis. Perfens folgte dem Großvater, um ihn zu
versöhnen. Und^als der König von Larissa zu Ehren der hohen Gäste Kampf¬
spiele veranstaltete, traf Perseus den Akrisios unversehens mit der Wurfscheibe
(dem Diskos) so hart, daß er starb. Perseus, außer sich vor Betrübnis, ließ
den Großvater auf das prächtigste bestatten.
Die jPersenssage soll ohne Zweifel den Kampf der Menschen mit den
Tieren veranschaulichen. Es ist anzunehmen, daß dieser Kamps in den ältesten
Zeiten ein sehr gefährlicher war, und man kann sich wohl denken, daß die Hel¬
den, welche dabei eilte hervorragende Rolle spielten, als Wohlthäter der Mensch¬
heit und Begründer der Kultur gefeiert wurden. Man erhob sie zu Halbgöttern
und stellte ihre Thaten als Wunderwerke dar, indem man die Tiere, welche sie
bekämpften, zu Ungeheuern machte. Das Flügelpferd Pegasus, welches aus
dem Rumpfe der Medusa entsprang, wurde später das Dichterroß, das ist die