Altdeutsche Handwerker. 3
Bischöfe, welche bis dahin treue Anhänger des Kaisers gewesen waren, auf
die Seite des Papstes übergingen, fielen die Städte unvermutet von ihnen
ab und ergriffen die Partei des Kaisers. Von diesem Augenblicke au habeil
sie, einzelne seltene Ausnahmefälle abgerechnet, allezeit am Reich gehalten
und mit ihrer ganzen Kraft die Sache des Kaisers gegen die Kirche und
die Fürsten verfochten. Gleich die ersten Heere, mit denen Heinrich gegen
die aufrührerischen Sachsen ins Feld rückte, bestanden vorzugsweise aus
Kaufleuten und Handwerkern; nie hat eine Stadt in Zeiten der Gefahr
den Kaiser verlassen. Es war freilich zunächst nur Politik und Interesse,
was die Städte auf seine Seite trieb, allein die ausharrende Treue, welche
sie dabei an den Tag legten, selbst da, wo nichts mehr zu hoffen war,
zeigt doch, daß sie uicht bloß die wirtschaftliche, sondern auch die sittliche
Kraft unseres Volkes gesteigert haben. Der Kaiser suchte dafür fo viel er
konnte ihr Aufkommen zu befördern und beschenkte sie mit Freiheiten und
Rechten; das erste, was er für sie that, bestand gerade in der Abschaffung
der hofrechtlichen Lasten, vor allem der härtesten, des sogenannten Sterb¬
falls oder Anteils. Als Hörige, die auf fremdem Boden faßen, konnten
die Handwerker ursprünglich kein eigenes Vermögen haben, nach ihrem Tode
fiel daher von Rechts wegen der Nachlaß an den Herrn. Doch wurde es
früh allgemeine Sitte, den Übergang anf die Erben zu gestatten und nur
einen Teil der Habe zu fordern: das war das Anteil oder Sterbfallsrecht,
eine Quote des Nachlasses, womit die Hörigen die Erbschaft von dem Herrn
loskauften. Auf dem Lande, wo die Handwerker auf Kosten des Herrn
lebten, hatte die Abgabe guten Grund gehabt; in den Städten, als sie von
ihrem Erwerbe zu leben anfingen, wurde sie unbillig und drückend. Es war
nicht die Abgabe allem, die als Druck empfunden wurde, weit übler war
es, daß sie den Fleiß und Arbeitseifer lähmte, denn je mehr sich der Er¬
werb vergrößerte, desto höher stieg der Gewinn des Herrn. Der mäch¬
tigste Sporn zur Anstrengung und Sparsamkeit liegt in der Aussicht, daß
die Früchte einst den Kindern zu gut kommen. Heinrich V. hob nun, zu¬
nächst in den Städten Worms und Speier, den alten Stammsitzen seines
Geschlechts, die am ersten sür den Kaiser aufgestanden waren und das Zeichen
zur allgemeinen Erhebung gegeben hatten, das Anteil sowie andere Rechte
der Hörigkeit oder Vogtei auf; merkwürdigerweise ohne Entschädigung, weil
ein Herkommen, das Armut zur unausbleiblichen Folge habe, abscheulich und
gottlos sei. Ungeschmälert sollte fortan das Vermögen auf die Kinder, und
im Falle kinderloser Ehe auf die nächsten Erben übergehen; damit ja kein
Zweifel oder Irrtum entstehe, wurde das Erbrecht gleich mit bestimmt. Die
Herren wollten zwar die Abgabe in milderer Forin aufrecht halten, indem
sie aus der Erbschaft das beste Stück Vieh oder bei Frauen das beste Ge¬
wand wegnahmen, allein Friedrich I. gab neue Privilegien und gewährte
beiden Städten auch die Freiheit vom Besthaupt und Gewandrecht.
Außer dem Buteil war es noch eine andere Beschwerde, über welche die
Handwerker Klage führten und die von Heinrich V. ebenfalls abgestellt wurde.