274 Altdeutsches Badewesen.
Gesuchet seyn mit Fleiß die Ruh,
Kein Sorg, kein Angst nit taugt darzu.
In täglicher Speis und auch im Trank
Kein Uebermaß soll gehn im Schwank.
Kalbfleisch wird dem Badenden angeraten:
Das Kalbfleisch gut und nähret Wohl
Billig der Bäder solchs essen soll.
Vom Schweinefleisch heißt es:
Das schweinen ärger als das Lammfleisch ist,
Manns g'nossen wird zu jeder Frist
Ohn Wein, wenn aber der ist darbet,
So glaub, daß es eiu gut Arznei sei.
Die Dauer einer Badekur im Wildbade war in der Regel auf 14 Tage
festgesetzt. Eine so schnelle Beendigung der Badekur ermöglichte man da¬
durch, daß man an jedem Tage möglichst lange badete. Hottinger in sei¬
ner: „Eigentlichen Beschreibung des herrlichen im Aargau gelegenen warmen
Bads zu baden" (1702) sagt: „Vor Zeiten war einem erlaubt, vier, fünf
und mehr Stunden auf einmal und den ganzen Tag sieben, neun und
mehr Stunden zu baden, so daß die ganze Kur, bestehend in 135 Stun¬
den, in fünfzehn Tagen abgemacht war." Er selbst rät, nicht mehr als
eine !bis drei Stunden auf einmal und des Tages im ganzen nicht über
fünf Stunden zu baden, übrigens aber nicht auf einmal, fondern allmählich
steigend zu diesem Zeitmaß zu gelangen.
Derselbe Badeschriftsteller könnte manchem neueren seiner Kollegen als
Muster dienen in dem, was er über die Wirkung des von ihm beschriebenen
Bades sagt. Er schließt nämlich sein Buch mit dem Spruche:
Badeu
Heilt nicht jeden Schaden.
Ebenso offenherzig war im Jahre 1647 Melchior Sebiz in feiner „Be¬
schreibung etlicher Mißbräuche in dem Gebrauche des Sauerbrunnen", wenn
er sagt: „Manchem, der Glück hat, dem gerath es, Andern aber bekompt
es, tote dem Hund das Graß."
Kräftiger stieß in die Lobposaune David Theodosius Lehmann in seiner
Beschreibung des Wiesenbades bei Annaberg. Die betreffende Stelle lautet:
„Nun will ich kürzlich zeigen die Gebrechen an
Für welche man im Bad Hülffsmittel finden kan
Wenn Jemand an dem Haupt hätt üble Schwulst und Beulen
Die lassen sich allhier allmehlig wieder heilen.
Der Schuppen Ungemach und all' Unsauberkeit
Wird durch des Bronnen Krafft curirt tu kurzer Zeit.
Das wilde Augenweh, auch wolkichte Gesichte
Und rothe Gerstenkorn, die werden bald zu Nichte,