48 Hemmnisse des mittelalterlichen Handels.
über das Feld wollte fahren lassen. Deshalb verlor schon nach ältestem
Rechte jeder, der von der Straße ab ins Feld fuhr, sein Kaufmannsgut.
Als der Handel aber lebhafter wurde und immer mehr und neue Verkehrs¬
und Marktplätze entstanden, auch die ersten Richtungen des Handels sich
verlegten, wurde ein solches Straßenrecht allmählich zu einem höchst hinder¬
lichen Zwange, indem die Herren einer älteren Straße die Legung oder
ein allmähliches Entstehen einer zweiten und kürzeren mit allen Mitteln
der Gewalt zu hindern suchten, um einen Ausfall in ihren Einnahmen zu
verhindern. Das Vermeiden eines Zolles oder einer ganzen mit Zöllen
beschwerten und durch Umwege hemmenden Straße wurde deshalb von den
Landesherren stets schwer geahndet, gewöhnlich mit Verlust der Waren und
des Fuhrwerks. Rheinische Fürsten schlossen mehrmals besondere Bündnisse
unter einander, um die Bürger zu hindern, statt ihrer Rheinstraßen
die Wege durch den Taunus zu fahren. In Österreich waren seit dem
14. Jahrhundert die Fälle häufig, daß den Frachtzügen eine ganz bestimmte
Straße vorgeschrieben wurde, und allmählich bildete sich dieser Straßen¬
zwang in Deutschland so allgemein und durchgreifend aus, daß überall
den einzelnen Handelsrichtungen auch ihre gesetzlich bestimmten Landstraßen
untergelegt waren, was oft einen großen Aufwand von Zeit und Kosten
zur Folge hatte. Im Jahre 1278 wurde sogar von Herzog Rudolf von
Österreich den oberländischen Kaufleuten die Wafserstraße nach Wien ver¬
boten und nur zu Lande ihre Waren dorthin zu führen erlaubt, eine Ver¬
kennung der natürlichen Vorteile des Landes, die bald zu einem allgemeinen
Widerspruch des Adels und der Stadt Wien selbst und 1281 zur Aushebung
des Verbotes führte. Im Jahre 1368 entstand ein Prozeß zwischen den
Städten Wien und Pettau, weil die Bürger der letzteren Stadt sich auf
ihren Fahrten nach Venedig der Straße über den Karst bedienten; Herzog
Albrecht entschied, nach eingeholtem Gutachten über das, was früher Rech¬
tens gewesen, zu Gunsten der Stadt Wien und bezeichnete genau die nach
Welschland zu befahrenden Straßen für leichte und schwere Güter, wie für
das Schlachtvieh. 1459 wurde in Rücksicht auf die Schäden, welche Feistritz
„kriegshalber" erlitten hätte, vom Kaiser Friedrich bestimmt, daß hinsür zu
ewigen Zeiten jeder, der mit Wein, Häuten, Öl, Spezereien und andern
Kaufmannsgütern diese Straße fahre, zu Feistritz über Nacht bleiben sollte.
Von Crossen aus durfte man nicht quer durch die Neumark nach Lands¬
berg an der Warthe fahren, sondern nur über Frankfurt und Küstrin, ja
auch von Crossen nach Frankfurt mußte der Umweg über Reppen gewählt
werden. Dagegen konnte im 15. Jahrhundert ein Kaufmann, der von
Crossen nach Breslau wollte, eine beliebige Straße wählen; nur mußte
sie über Neustädtel führen. Solcher freien Straßen gab es jedoch nicht
viele.
Die Bürger derjenigen Städte, welche von dem Straßenzwange Vor¬
teil hatten, besoldeten nicht selten eigene Wächter, welche auf den Land¬
straßen wachen mußten, zogen auch wohl in der Nähe angesessene Ritter