— 92 - 
Denn ganz in der Nähe der Gerichtsstätte stand der 
Galgen und blickte drohend nach dem Orte hinüber, wo 
der Verbrecher seinen Spruch erwartete. Die Gebrüder 
Peter verlegten deshalb ihren ständigen Wohnsitz in das 
Land Kehdingen am unteren linken Elbufer, von wo sie 
durch den Strom von Dithmarschen getrennt waren. 
Die Gelegenheit, ihre Landsleute zu schädigen, war hier 
nicht minder günstig als in der Segeberger Heide, ja 
wohl noch günstiger; denn sie konnten von hier aus jeder¬ 
zeit mit Booten in Dithmarschen einfallen und auch die 
schiffe, die auf der Elbe verkehrten, berauben, und das 
verlohnte sich oft besser als die Plünderung eines ein¬ 
zelnen dithmarsischen Reisenden. Johann warb deshalb 
auch einige handfeste Leute, die mit der Schiffahrt und 
dem Seewesen völlig vertraut waren; dann ließ er zwei 
seetüchtige, schnellsegelnde Schiffe bauen, die sowohl auf 
der Elbmündung als auch auf der offenen Nordsee jedem 
Wind und Wetter stand zu halten vermochten, und rüstete 
sie mit großen Kosten aus wie Kriegsschiffe, mit Kanonen, 
Büchsen und Schießbedarf aller Art. So begann denn 
nun eine neue Art und Weise des Rachewerkes, und aus 
den bisherigen Land- und Straßenräubern wurden See¬ 
räuber. Wiben war diese Abwechselung gerade recht, 
und es scheint fast, als habe er deshalb der Verweisung 
seines Prozesses an das Kammergericht nicht widersprochen, 
um noch längere Zeit einen Vorwand zu haben, sich 
seinen Landsleuten feindselig zu erweisen. Eins der 
schönen Schiffe befehligte er selber, das andere sein Bruder, 
und mit welcher Kühnheit sie zu Werke gingen, geht 
daraus _ hervor, daß sie nicht allein Jagd machten auf 
jedes dithmarsische Schiff, das sie antrafen, sondern sie 
wagten es sogar, bei Hellem Tage in den Hasen von 
Meldorf einzulaufen, sich unerkannt unter die dort lie¬ 
genden Schiffe zu mischen und in der Nacht, als alles 
schlief, einige derselben ihrer Ladung zu berauben und 
wieder davonzufahren. Wiben und Johann hatten sich 
natürlich bei Tage unten im Schiffsraum verborgen ge¬ 
halten, um nicht gesehen und erkannt zu werden. Als
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.