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soeben mit den Leuten Wiben Peters bestanden hatte, und
alle waren erstaunt und entrüstet über die Kühnheit, mit
der bei diesem Raube wieder verfahren war. Um aber
über den Fall in Ruhe sprechen zu können, nötigten sie
den Kapitän, mit ihnen in die Schenke zu gehen, und
bald saßen sie alle wieder hinter dem Wirtstische und
Peter Visser mußte haarklein alles erzählen, was er er¬
lebt hatte. Er schloß mit den Worten: „Und Ihr Dith¬
marschen, die Ihr früher mehr als einmal ein ganzes
feindliches Heer verjagt habt, könnt jetzt nicht einmal mit
dieser Handvoll Menschen fertig werden? Der Michael
Gödecke und der Störtebecker waren doch auch gefürchtete
Seeräuber, wohl noch schlimmer als Wiben Peter, und
sie wurden endlich doch gebändigt; sollte denn das heute
nicht mehr möglich sein? Ihr werdet es erleben, daß
niemand mehr mit seinem Schiffe an Eurer Küste landen
will, aus Furcht vor dem Räuber; ein einziger Mann
wird zur Geißel eines ganzen Landes. Seid Ihr noch
Männer, Ihr Dithmarschen, oder seid Ihr allesamt zu
furchtsamen Weibern geworden?"
Die letzten Worte des Ostfriesen, der mit erhobener
Stimme und vor Zorn glühenden Wangen gesprochen
hatte, machten einen großen Eindruck auf die versam¬
melten Dithmarschen. Zuerst saßen sie stumm im Kreise,
dann aber legte der alte Johann Boltes, der zu den
Achtundvierzigern gehörte und ein hohes Ansehen genoß,
seine Hand schwer auf den Tisch und sagte: „Jawohl,
der Kapitän hat recht. Wir Dithmarschen müssen uns
schämen, daß wir uns von einem einzigen Manne und
einer Handvoll verwegener Burschen ins Bockshorn jagen
lassen. Wenn das noch lange so weiter geht, werden wir
alle Achtung bei unseren Nachbarn verlieren. Es muß
etwas geschehen, damit dem Unwesen gesteuert wird. Wer
von Euch ist bereit, mit mir dafür zu sorgen, damit wir
endlich uns von diesem Menschen befreien?" Und alle,
die zugegen waren, stimmten dem Sprecher zu, und so
wurde denn an diesem Abend beschlossen, jetzt endlich mit
Gewalt gegen Wiben Peter vorzugehen.