Full text: Im Kaiserhause zu Goslar (3)

— 107 — 
mit einem Schlage alles Glück von ihnen gewichen zn 
sein. Ein nicht geringer Teil der Ritter verzweifelte 
kleinmütig an dem ferneren Gelingen des Kreuzzuges; sie 
warteten in Selencia auf Schiffe und kehrten einer Unter¬ 
nehmung den Rücken, von der sie sich keinen Erfolg mehr 
versprachen. Die andern aber wählten jetzt des Kaisers 
Sohn, den heldenmütigen Friedrich von Schwaben, zu 
ihrem Anführer, und er führte nun das Heer glücklich 
über Antiochien bis nach Akko, welche Stadt von dem 
ans der Gefangenschaft Saladins befreiten Könige Guido 
von Jerusalem belagert wurde, um sie den Türken wieder 
zu entreißen. Aber das Glück schien thatsächlich von den 
Deutschen gewichen zu sein. Friedrich nebst einem großen 
Teile der Kreuzfahrer starben während der Belagerung 
an einem bösen Fieber, und der Rest kehrte nach der 
Heimat zurück, nachdem sie noch durch den Hochmut und 
die Ungerechtigkeit des englischen Königs Richard Löwen¬ 
herz bitter gekränkt worden waren. Der mit so großen 
Hoffnungen begonnene Kreuzzug hatte gar keinen prak¬ 
tischen Erfolg, trotzdem er zu den glänzendsten Waffenthaten 
des deutschen Volkes gezählt werden muß. 
Die Deutschen in der Heimat mochten es nicht 
glauben, daß der herrliche Kaiser nicht wiederkehren werde. 
Während sie aber vergeblich auf seine Heimkehr warteten, 
entstand allgemach die Sage, daß er nicht gestorben sei, 
sondern unten im Kyffhäuserberge in der thüringer gol¬ 
denen Aue sich verborgen halte. Dort sitzt er schlafend, 
inmitten seiner ebenfalls schlafenden Ritter, an einem 
Marmortisch, den Kopf in die Hand gestützt; sein roter 
Bart ist durch den Tisch gewachsen. Alle hundert Jahre 
erwacht er und fragt einen Diener, ob die Raben noch 
um den Berg fliegen. Einst aber, so erzählt die Sage, 
wird ein Adler kommen, der die Raben verscheucht, und 
alsdann wird auch der Kaiser aus seiner Felsenwohnung 
hervortreten und das Reich wieder aufrichten in alter 
Pracht und Herrlichkeit. 
Jahrhunderte sind dahingerollt ins Meer der Ewig¬ 
keit seit dem Hingange dieses Heldenkaisers; Jahrhunderte
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.