Full text: Die Supplingenburger (2)

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nur der mächtige Sachse war der einzige, der noch im 
Ungehorsam verharrte. 
Mit zahlreichem Gefolge langte er in Goslar an 
und bezog die herrliche Pfalz, die sein Großvater auf einem 
die Stadt beherrschenden Hügel erbaut hatte. Auch mit 
andern herrlichen Gebäuden hatte der dritte Heinrich diese 
seine Lieblingsstadt geschmückt. In der Nähe seiner Pfalz, 
welche in den letzten Jahrzehnten unserer Zeit wieder in 
alter Pracht und Herrlichkeit hergestellt ist, ließ er von 
seinem Baumeister Beuuo, einem jungen, hochbegabten 
Kleriker ans dem Kloster Hirschau in Schwaben, die 
Domkirche erbauen, von welcher leider nur ein Portal, 
das heute den Namen „Tomkapelle" führt, bis auf unsere 
Zeit erhalten ist. Schaute man ans den Fenstern des 
großen Kaisersaales auf die Stadt, so fiel das Auge zuerst 
auf den mächtigen Bau der Tomkirche, und hinter derselben 
breitete sich die türmereiche Stadt ans. Goslar war seit 
Heinrich des Dritten Zeit der .Lieblingsaufenthalt der 
salischen Kaiser; hier hielten sie gern ihre großen Reichs¬ 
versammlungen, und reges Leben herrschte zu der Zeit in 
dem jetzt so stillen Bergstädtchen. 
Es war an einem schwülen Maitage im Jahre 1125, 
als Kaiser Heinrich, der Letzte der Salier, in Goslar 
ankam. Die Sonne hatte den ganzen Tag mit sengender 
Glut, wie sie es bisweilen schon im Mai zu thun pflegt, 
über den Harzbergen gestanden; Mann und Roß waren 
ermattet von ber unerträglichen Hitze, unb ein jeber war 
froh, als enblich ber kaiserliche Zug durch das Stadtthor 
ritt unb sich bem Kaiserhause näherte. Stumm und mür¬ 
risch trat der Kaiser in die Burg seiner Väter ein. Auf 
dem Wege nach Goslar hatte er es erfahren müssen, wie 
sehr sein Ansehen im Lande der Sachsen geschwunden war; 
in keinem Orte waren die Bewohner ihm entgegen geeilt, 
um ihn festlich zu empfangen, ja bie Straßen, welche er 
ritt, schienen wie ausgestorben zu sein. Das hatte ihn mit 
neuem Ingrimm gegen dieses freiheitliebende Volk erfüllt, 
und statt sich zu sagen, daß er durch eigene Schuld besten 
Liebe verscherzt, hielt er für eigensinnigen Trotz, was nur 
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