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zwischen denselben die reich betreßten Diener umher, jedes
Winkes der hohen und höchsten Herrschaften gewärtig.
In dem großen Empsangsaale stand der Kurfürst
mit dem Kurprinzen und verschiedenen Herren des Hofes
und des hohen Adels in lebhafter Unterhaltung. Dieselbe
drehte sich um die neuesten Ereignisse auf dem Kriegs¬
schauplätze in Ungarn und am Rhein, wo auch kur¬
hannoversche Truppen zusammen mit kurbraudeuburgischen
und kaiserlichen gegen die gemeinsamen Feinde fochten.
Graf Königsmark befand sich ebenfalls unter dieser
Gruppe. Er war heute strahlender als jemals. Die
knappe, stattliche Uniform mit der breiten gelb-weißen
Schärpe stand vorzüglich zu dem jugendfrischen Gesichte;
die linke Hand ruhte auf dem Degenknopfe, während er
mit der rechten die Enden seines Schnurrbartes drehte.
Ja, zweifellos, er war die herrlichste Erscheinung am ganzen
Hofe, und es war kein Wunder, daß die Augen der
Damen mit Wohlgefallen auf ihm ruhten.
Ein heiterer Tusch verkündete jetzt die Ankunft der
Kurfürstin und der Damen des Hofes. Galant ging der
Kurfürst seiner Gemahlin entgegen, reichte ihr die Hand
und geleitete sie zu ihrem Sitze, unb dasselbe that der
Kurprinz mit seiner Gemahlin. War Königsmark unter
ben Herren, so war gewiß Sophie Dorothea bie glänzenbste
Erscheinung unter ben Frauen. Wunberbar herrlich
kleibete sie das langschleppende Gewand aus hellblauer
Seide; in ihren Haaren schimmerten, gleich Tautropfen,
glänzende Diamanten, ben schönen Hals schmückte eine
Perlenschnur. Aber ihr Gesicht war, wie gewöhnlich, ernst,
mit einem Zuge ber Trauer, ber nur verschwanb, wenn
ihr Auge bem bes stattlichen Offiziers begegnete, welcher
wohl ber einzige in bieser Gesellschaft war, der ein Ver¬
ständnis hatte für ihren Kummer. Daun begannen die
bei solchen Gelegenheiten üblichen Begrüßungen und Vor¬
stellungen, während welcher Zeit die Musikanten ihre
Instrumente stimmten, um gleich darauf die erste Polo¬
naise zu beginnen.