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uover halten. Das Wetter hatte sich geändert; auf die
Sturm- und Regentage war heiteres, Helles Frostwetter
gefolgt, eine frische Schneedecke lag über der weiten Ebene,
und erhöhte nur noch durch ihr Einerlei die Eintönigkeit
der Gegend, durch welche der Weg nach Hannover führte.
Der Kurfürst und der größere Teil der hannoverschen
Gäste war schon am vorhergehenden Tage wieder zurück¬
gekehrt; nur einige Damen und Herren, die zum eigent¬
lichen Hofstaate des jungen Paares gehörten, waren
zurückgeblieben, um zugleich mit demselben einzuziehen.
Herzbeweglich war es, als uun Sophie Dorothea von
ihren Eltern Abschied nahm; selbst dem Herzog traten
die Thränen in die Augen, als er nun zum letzten Male
die Tochter küßte und ihr den Segen Gottes auf ihrem
ferneren Lebenswege wünschte. Seine Stimme zitterte,
als er das letzte Lebewohl ihr zurief; ob wohl auch in
ihm der Gedanke aufstieg, daß das, was er für das höchste
und größte Glück seines geliebten Kindes gehalten, zum
Unglück sich wandeln könnte? Die scharfblickende Mutter
dagegen ließ ihrem Schmerze freien Lauf; ihr war es
fast zur Gewißheit geworden, daß Unheil entstehen müsse
aus dieser Verbindung. Das eisig kalte Benehmen des
Kurprinzen am Hochzeitstage schien ihr eine böse Vorbe¬
deutung.
Zu derselben Zeit, als der fürstliche Zug von Celle
aus sich nach Hannover in Bewegung setzte, wand sich
auch eine andere Karawane durch die mit Schnee bedeckte
Heidefläche. Nicht waren es wie dort prächtige Karossen,
von mutigen Pferden gezogen; nicht stand hier auf den
Kutschenschlägen eine reich galonnierte Dienerschaft, nicht
sprengten dem Zuge Spitzreiter mit wallendem Federbusch
voran — nein, elende Karren waren es, die langsam die
schlechte Landstraße entlang schlichen. Es mochten ihrer
zehn bis zwölf sein, alle bedeckt mit schmutziger, ölge¬
tränkter Leinwand, nnd ein wildes braunes, fahrendes
Volk war es, das die Karren plaudernd, schreiend oder
singend begleitete. In den Wagen kauerten auf Stroh
trotz der Kälte halbnackte Kinder und zerlumpte Weiber,