Full text: Die Burgfrau von Ahlden (6)

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uover halten. Das Wetter hatte sich geändert; auf die 
Sturm- und Regentage war heiteres, Helles Frostwetter 
gefolgt, eine frische Schneedecke lag über der weiten Ebene, 
und erhöhte nur noch durch ihr Einerlei die Eintönigkeit 
der Gegend, durch welche der Weg nach Hannover führte. 
Der Kurfürst und der größere Teil der hannoverschen 
Gäste war schon am vorhergehenden Tage wieder zurück¬ 
gekehrt; nur einige Damen und Herren, die zum eigent¬ 
lichen Hofstaate des jungen Paares gehörten, waren 
zurückgeblieben, um zugleich mit demselben einzuziehen. 
Herzbeweglich war es, als uun Sophie Dorothea von 
ihren Eltern Abschied nahm; selbst dem Herzog traten 
die Thränen in die Augen, als er nun zum letzten Male 
die Tochter küßte und ihr den Segen Gottes auf ihrem 
ferneren Lebenswege wünschte. Seine Stimme zitterte, 
als er das letzte Lebewohl ihr zurief; ob wohl auch in 
ihm der Gedanke aufstieg, daß das, was er für das höchste 
und größte Glück seines geliebten Kindes gehalten, zum 
Unglück sich wandeln könnte? Die scharfblickende Mutter 
dagegen ließ ihrem Schmerze freien Lauf; ihr war es 
fast zur Gewißheit geworden, daß Unheil entstehen müsse 
aus dieser Verbindung. Das eisig kalte Benehmen des 
Kurprinzen am Hochzeitstage schien ihr eine böse Vorbe¬ 
deutung. 
Zu derselben Zeit, als der fürstliche Zug von Celle 
aus sich nach Hannover in Bewegung setzte, wand sich 
auch eine andere Karawane durch die mit Schnee bedeckte 
Heidefläche. Nicht waren es wie dort prächtige Karossen, 
von mutigen Pferden gezogen; nicht stand hier auf den 
Kutschenschlägen eine reich galonnierte Dienerschaft, nicht 
sprengten dem Zuge Spitzreiter mit wallendem Federbusch 
voran — nein, elende Karren waren es, die langsam die 
schlechte Landstraße entlang schlichen. Es mochten ihrer 
zehn bis zwölf sein, alle bedeckt mit schmutziger, ölge¬ 
tränkter Leinwand, nnd ein wildes braunes, fahrendes 
Volk war es, das die Karren plaudernd, schreiend oder 
singend begleitete. In den Wagen kauerten auf Stroh 
trotz der Kälte halbnackte Kinder und zerlumpte Weiber,
	        
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