Es war, als ob dieser Entschluß eine erheiternde
Wirkung auf das umdüsterte Gemüt der vielgeprüften
Frau auszuüben im stände wäre; denn sie konnte gar
wieder lächeln, und als bei der Mittagstafel ihr Bruder
den Vorschlag machte, den herrlichen Frühlingstag zu be¬
nutzen und am Nachmittag einen Spazierritt in die Um¬
gebung der Burg zu machen, da stimmte auch Mechtildis
freudig zu, und eine Stunde später schwang sie sich in
den Sattel und ritt mit Burchard und Jngeborg zum
Burgtore hinaus.
VI.
An demselben Sonntagnachmittag hatte Jan Östrik
seine Bauern wie gewöhnlich bei der Sägegrube ver¬
sammelt. Es fehlte niemand an der Schar; das herrliche
Frühlingswetter hatte sie alle herbeigelockt, um der
heutigen Übung, die dem Lanzeuwerfen und Bogenschießen
gewidmet war, beizuwohnen. Als Ziel für die Speer¬
werfer galt eine Strohpuppe, die mit allerlei Lumpen
und Zeugfetzen abenteuerlich ausstaffiert war; und es gab
jedesmal ein lautes Gelächter, wenn es einem der Männer
gelungen war, den Popanz so zu treffen, daß er zu Boden
stürzte. Für die Bogenschützen erhob sich aus hoher
Stange ein aus hartem Holz geschnitzter Vogel, auf den
aus genau abgemessener Entfernung die Pfeile gerichtet
wurden. Um den Reiz dieses kriegerischen Spieles noch
zu erhöhen, hatte Jan Östrik bestimmt, daß derjenige,
der den letzten Rest des nach und nach von den Pfeilen
zertrümmerten Vogels von der Stange herunterschießen
würde, aus den Händen seiner Gattin ein bunt gesticktes
Tragband erhalten sollte; und nun war es eine Freude,
zu sehen, wie jeder sich bemühte, es dem andern zuvor¬
zutun. Denn obgleich das Tragband nur geringen
wirklichen Wert besaß, so wünschte doch ein jeder es zu
gewinnen, weil seine Erwerbung als Ehrensache angesehen
wurde. Frau Irmgard selbst, ihr Söhnchen Lathonius
an der Hand haltend, sah, auf einem Baumstumpf sitzend,