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Mechtildis schüttelte das Haupt. „Verzeihen, mein Prinz?" 
sagte sie mit matter Stimme; „ich habe Dir nichts, gar 
nichts zu verzeihen. Was mein armer Gemahl getan 
hat, das hat er getan aus freier Wahl und weil er es 
für recht und gut hielt. Noch auf dem Marterpfahl, als 
sein Blut meine Kleider netzte, hat er es immer wiederholt, 
daß dem Kaiser, dem Länderräuber, sein Recht geschehen 
sei, und daß er gern für Dich, seinen Herrn und Freund, 
den Tod erdulde. Sein letztes Gebet, sein letzter Seufzer 
galt Dir, mit Deinem Namen auf den Lippen ist er nach 
tagelangen Qualen hinübergeschlummert in ein besseres 
Leben." Ihre Worte erstarben in einem Flüstern, aufs 
neue umfing eine Ohnmacht ihre Sinne. Jan Östrik 
eilte nach einem nahen Bache, tauchte ein Tuch in das 
kalte Wasser und hielt es der Ohnmächtigen an die Stirn, 
und er hatte die Freude, sie bald erwache» zu sehen. 
„Dank, tausend Dank für Deine Worte, Mechtildis", 
sagte er; „Du weißt nicht, welch ein Balsam sie sind 
für mein wundes Herz. Aber nun sage mir, erkläre mir, 
wie kommst Du hierher, aus dem schönen, sonnigen 
Schwabenlande hierher in den kalten, nebeligen Norden?" 
„Dasselbe möchte ich Dich fragen", erwiderte Mechtildis 
mit trübem Lächeln. Sie dämpfte ihre Stimme zu 
einem Flüstern, indem sie fortfuhr: „Wie hast Du es 
vermocht, den Nachstellungen Deiner Häscher zu entgehen? 
Während sie Dich in Italien vermuten, weilst Du als 
der fahrende Ritter Jan Östrik im deutschen Norden als 
Anführer einer Bauernfreischar. Denn ich vermute, daß 
Du der Jan Östrik bist, von dem so viel erzählt wird. 
Ich hörte oft Deinen Namen nennen; aber ich konnte 
nicht ahnen, daß ein Prinz aus dem Hause Österreich 
sich darunter verbarg. Wie ich aber hierher gekommen 
bin? Ach, das ist eine lange Irrfahrt, die ich Dir heute 
nicht erzählen kann. Es genüge Dir zu wissen, daß ich 
auf der Burg meines Bruders in dem nahen Schlede¬ 
hausen wohne. Und es wird Zeit, daß ich dorthin zurück¬ 
kehre. Schon zu lange halte ich mich hier auf. Ich 
habe mich von meinem Bruder und dessen Gemahlin,
	        
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