Full text: Welt- und Staatskunde

48 III. Die Entwicklung der Kulturnationen. 
unabhängig. Unter den letzten schwachen Herrschern des Mero¬ 
wingergeschlechts (so nannte sich Chlodovechs Geschlecht) verlor das 
Frankenreich mehr und mehr seinen festen Halt. In Austrasien, 
Neustrien und Burgund bildeten sich Teilreiche, und in Baiern, 
Alamannien, Thüringen und Aquitanien tarnen selbständige Herzogs¬ 
gewalten auf; neben dem Röntg gelangten die Hausmeier, die 
obersten Hofbeamten, zu übermächtiger Stellung, und sie waren 
es nun, die den völligen Zerfall des Frankenreichs verhinderten. 
Pippin der Mittlere ward nach Besiegung des Majordomus 
von Neustrien und Burgund als „Herzog und Fürst der Franken" 
anerkannt, Karl Mar teil (714—741 n. Chr.) trat den 
rebellischen Friesen, Baiern, Alamannen und Aquitanern erfolg¬ 
reich entgegen und brachte es fertig, das Reich in seiner alten Ein¬ 
heit wiederherzustellen. Unter ihm erfolgte die Bekehrung des 
ostrheinischen Germaniens zum Christentum durch Bonifatius und 
die Gründung der ersten germanischen Bistümer. 
Den Arabern, die unter ihren Chalifen (Nachfolgern Mo¬ 
hammeds, des Stifters des Islam, 622) die neue Religion über 
Syrien, Mesopotamien, Iran, Turan, Ägypten und das übrige 
Nordafrika ausgebreitet, auch den Westgoten fast den gesamten 
spanischen Besitz abgenommen hatten (Schlacht bei Jerez de la 
Frontera 711), trat 5tarl entgegen und machte ihrem weiteren 
Vordringen in sein Reich durch die siegreiche Schlacht bei Poitiers 
(732) ein Ende. So wurde er der Retter der christlichen Kultur 
vor dem Islam. 
Karls Nachfolger, Pippin (751—768), gelang es, mit Hilfe 
des Papstes auch die Königswürde zu erlangen. Diesem erwies 
er sich dafür dankbar, indem er ihm ein Stück Landes um Rom 
herum vom Langobardenkönig Aistulf eroberte und zum Geschenk 
machte, wodurch der Grund zur weltlichen Macht des Papsttums 
gelegt wurde (Kirchenstaat). 
Pippins Nachfolger, Karl der Große (768—814 n. Chr.), 
eine der hervorragendsten Persönlichkeiten der Weltgeschichte, ward 
dann der Vollender des großen Frankenreichs und Gründer der 
germanisch-romanischen Weltmonarchie. Er unterwarf nach langen, 
immer wieder von neuem erbittert geführten Kämpfen endlich die 
noch unbesiegten und unbefehrten heidnischen Sachsen unter ihrem 
Herzog Widukind. Die Eroberung des Langobardenreichs in 
Italien, über das König Desiderius herrschte, brachte ihm Land 
und Würde des Königs der Langobarden ein. Aus dem Herzogtum 
Friaul machte er nach Beseitigung des Herzogshauses eine Mark- 
grafschaft, bestimmt zum Schutz Italiens nach Osten hin. In 
Spanien drängte er die Mauren bis zum Ebro zurück und schuf
	        
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