Contents: Geschichte der neueren Zeit (Abth. 3)

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Geschichte der neueren Zeit. 
unter seinen Opfern ist der spanische Arzt Servede (Servet) das 
bekannteste, den Kalvin, weil derselbe gegen seine Lehre und die Trini¬ 
tät geschrieben hatte, auf der Durchreise in Genf verhaften und ver¬ 
brennen ließ (25. Oktober 1557). Kalvin rechtfertigte sein Verfahren 
sowie das Recht Häretiker mit dem Schwerte in Schranken zu halten, 
in einer eigenen Schrift, sein Freund und Nachfolger Beza unterstützte 
ihn dabei, die deutschen Reformatoren Melanchthon und Bucer 
aber bezeugten ihm schriftlich ihren Beifall. 
8 72. In seiner Lehre stimmte Kalvin in manchem Punkte nicht 
mit den andern Reformatoren überein; er lehrte eine absolute Prä¬ 
destination, d. h. den Glauben, daß Gott einen Theil der Menschen 
zur Seligkeit, einen andern zur Verdammniß geschaffen habe, welchem 
Schicksale sich keiner entziehen könne, er möge thun was er wolle. Da 
der in der Gnade Befindliche, der Auserwählte, sich dessen bewußt ist, 
so muß diese Ueberzeugung in ihm einen grimmigen Stolz gegen alle 
Andersglaubenden, ein schwärmerisches Vertrauen und eine unbeug¬ 
same Thatkraft erzeugen, wie wir sie besonders auf der britischen Halb¬ 
insel finden werden. Denn Kalvins Lehre breitete sich in Frankreich, 
in den Niederlanden und in Britannien aus und bewährte 
überall ihren Grundcharakter; Rheinpfalz, Hessen-Kassel und 
Anhalt wurde von ihren Fürsten der kalvinische Lehrbegriff und 
Kult statt des protestantischen aufgezwungen (1563, 1595, 1604), 
die kirchliche Verfassung aber landesherrlich eingerichtet nach dem Grund¬ 
sätze : Cnju8 regio ejus et religio (der Herr des Landes ist auch Herr 
der Religion). 
Die Hugenotten in Frankreich. 
Die französischen Könige gegen die Reformation. 
§ 73. Der Geist der Reformation fand in Frankreich frühe 
Eingang, waren ja Kalvin und Beza Franzosen, aber König Franz I. 
ermunterte wohl die protestantischen deutschen Stände zum Widerstande 
gegen den Kaiser, weil er durch Zwietracht und Bürgerkrieg Deutsch¬ 
lands Kraft schwächen wollte, in Frankreich dagegen verfolgte er Wal¬ 
denser und Protestanten mit Feuer und Schwert, denn er sah in 
ihnen Rebellen gegen seine königliche Autorität und die Gesetze des 
Reichs, Störer des inneren Friedens und der nationalen Einheit. Sein 
Sohn Heinrich II. handelte nach den gleichen Grundsätzen; er schloß 
mit den deutschen Protestanten ein Bündniß wie mit dem Sultan 
Solyman, weil er sie gegen den Kaiser brauchen konnte und ärntete „als 
Beschützer der deutschen Freiheit" auf Kosten der deutschen Nation 
einen schönen Preis, als sich aber die Protestanten in Frankreich 
durch eine Generalsynode nach Anweisung Kalvins, mit dem sie in 
fortwährender Verbindung blieben, organisierten und dadurch gleichsam 
eine protestantische Republik auf französischem Boden 
bildeten, begann er eine grausame Verfolgung, die jedoch durch seinen 
Tod (er wurde in einem Turniere von einem ungeschickten Edelmanne 
durch das eine Auge in das Gehirn gestochen, 10. Juli 1559) unter¬ 
brochen wurde. 
§ 74. Sein 15jähriger Sohn Franz II. (1558 mit Maria Stuart
	        
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