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Mit dem trojanischen Kriege schließt das eigentliche Heroen¬
alter der Griechen; doch bleibt die Geschichte noch über ein Jahr¬
hundert dunkel. Das wichtigste Ereigniß aus dieser Zeit bilden
die dorischen Wanderungen. Die aus ihren Wohnsitzen im
nördlichen Thessal-en verdrängten Dorer brachen, nachdem ein
Theil derselben sich in der nach ihnen benannten Landschaft D oris
niedergelassen, unter der Anführung von Fürsten, die sich, als
Nachkommen des Herakles, Herakliden nannten, in den Pelo¬
ponnes ein und eroberten denselben nach langem, oft unter¬
brochenem Kampfe um 1100 v. Chr. Ihr Versuch, auch Athen,
wohin sie über den Isthmus vorgedrungen waren, ihrer Herrschaft
zu unterwerfen, mißlang. Wie die Sage erzählt, verdankte die
Stadt ihre Rettung dem freiwilligen Opfertode ihres Königs K o d rn s.
Im Laufe der nächsten ans die dorischen Wanderungen folgenden
Jahrhunderte verwandelten sich die meisten kleinen Königreiche, aus
denen Griechenland früher bestanden, in Republiken. Unter diesen
wurde eine enge Verbindung erhalten durch den Amphiktyonen-
bnn d (eine zum Schutze des delphischen Orakels gegründete Ver¬
bindung), durch eine gemeinsame Sprache und Religion und
durch großartige Nationalfeste.
Die Religion der Griechen war im Allgemeinen eine Ver¬
götterung der Elemente und Kräfte der Natur; sie dachten sich
jedoch ihre Götter nicht als dunkle, in der Natur wirkende Mächte,
sondern als persönliche Wesen von menschlicher Gestalt, mit mensch¬
lichen Neigungen und Begierden, menschlichen Schwächen und Ver¬
kehrtheiten, doch unsterblich, unveränderlich in ihrer äußeren Er¬
scheinung , den Leiden des menschlichen Daseins nicht unterworfen,
mit hoher Schönheit ausgestattet und viel gewaltiger an Macht
und Wissen als der Mensch. Die Götter lenkten, gegenseitig
vielfach beschränkt und alle dem blindwaltenden Schicksale unter¬
worfen, die Erscheinungen im Gebiete der Natur wie die Geschicke
der Menschen und offenbarten diesen ihren Willen entweder durch
unmittelbaren Verkehr mit ihnen oder durch Orakelsprüche und
Erscheinungen am Himmel uud auf der Erde, wie Sonnenfinsternisse,
Erdbeben, Blitz und Donner, oder durch Zeichen an Opferthieren.
Die alten Götter: Uranus (der Himmel) und Gäa
(die Erde) wareu mit ihren Söhnen den Titanen, gestürzt worden
durch Zeus und seine Brüder, Söhne des Titanen Kronos,
des Gottes der Zeit, unter dessen Herrschaft die Dichter das
goldne Zeitalter versetzen, wo ungestörter Friede uud unge¬
trübtes Glück auf Erden herrschten. Unter den neueu Göttern,
mit deren Herrschaft das eherne Zeitalter begann, nahm
Zeus, der Donnergott (von den Römern Jupiter genannt), als