53. Bei der Königlich Deutschen Legion auf der Spanischen Halbinsel. 115
ihnen nichts darin nach. Keiner rührte sich ohne Not von feiner
Stelle. Selbst unsere sonst so mutigen Pferde waren zahm und
geduldig geworden. Eine genaue Zeit ward nicht mehr bestimmt^
weil keiner mehr Lust hatte, die Uhr auszuziehen. Es hieß daher
oft: „Mit Tagesanbruch wird marschiert." Welchen Wochentag wir
hatten, wußte ich längst nicht mehr.
1810.
Mit dem 1. Oktober 1810 begann eine Schreckenszeit sür
Portugal, und neue Mühen und Beschwerden wurden das Los seiner
Verteidiger, weil diese Coimbra und den Mondego verlassen und sich
schnell in die ferne Linie bei Lissabon zurückziehen mußten. Coimbra
war von Einwohnern fast entblößt. Viele Häuser standen offen.
Mit Wehklagen eilten die letzten Flüchtlinge dem Tore zu, als wäre
der Würgengel hinter ihnen. Totenstille herrschte bald nachher in
der Stadt. Kein Haus, kein Kloster, kein Gefängnis hatte seine
Bewohner behalten. Gegen 10 Uhr morgens verließ auch ich die
Stadt. Die Straße war voll von Flüchtlingen, ermüdeten Soldaten,
beladenen Maultieren und Karren, daß wir nicht fortkommen konnten.
Dieser Rückzug der englisch-portugiesischen Armee von Coimbra nach
den verschanzten Linien war ein harter Schlag für die Bewohner
der Provinz Beira. Jede Division ward von einer ebenso großen An¬
zahl von Flüchtlingen begleitet. Man sah im buntesten Gemisch Reiche
und Arme zu Fuß und aus Tieren aller Art; Männer und Weiber,
jung und alt; Mütter mit Kindern an der Hand oder aus dem
Rücken; Nonnen, die das Kloster verlassen hatten. Je länger desto
mehr fielen die Tiere vor Ermattung und Hunger um, und bald
sah man Frauenzimmer in seidenen Schuhen oder auch wohl barfuß
durch den dicksten Kot waten. Diesem Vortrabe folgten die Herben
der Schlachtochsen, dann kamen die Maultiere, mit Brot und Rum
beladen; dann folgte das Gepäck aus Maultieren und Eseln; hierauf
eine Wache mit dem Profoß-Marfchall und feinen Gefangenen;
darauf die Artillerie der Division und endlich die Division selbst.
Bei dem Nachtrabe befanden sich immer viele müde und kranke
Soldaten auf Karren oder zu Fuß. Den Beschluß machten einzelne
erschöpfte, weinende und jammernde Flüchtlinge.
2. Aus dem Bericht Lord Wellingtons über das Kavallerie-Gefecht
von Garcia-Hernandez in der Schlacht bei Salamanca. 22. und
23. Juli 1812.
Ich habe nie einen kühneren Kavallerie-Angriff gesehen als den,
welchen die schwere Brigade1) der Königlich Deutschen Legion unter
*) Erstes und zweites schweres Dragoner-Regiment. Die Überlieferungen
dieser Truppen werden fortgesetzt von dem ersten und zweiten hannoverschen