Full text: Geschichte der Provinz Hannover

24. Das Herzogtum Hannover. 1635. 
105- 
großer Staatsmann geworden sein. In Hannover fühlte er sich 
vereinsamt; am liebsten hätte er in Paris oder London gelebt. An¬ 
genehmer wurde der Aufenthalt in Haimotier für ihn, als im Jahre 
1679 Ernst August in Hannover einzog und mit ihm seine geist¬ 
reiche Gemahlin Sophie. Diese saß gern zu den Füßen des „deut¬ 
schen Aristoteles" und lauschte seinen beredten und geistreichen 
Worten. Der geistige Verkehr miteinander war beiden Bedürfniss 
Mit der Tochter Sophiens, der Kurfürstin Charlotte von 
Brandenburg und späteren Königin von Preußen, führte der Ge¬ 
lehrte, der sich auch einige Jahre in Berlin aufhielt, einen ausge-^ 
dehnten Briefwechsel. Der Hof bedurfte seiner in großen wie in 
kleinen Dingen. Bald mußte er Rat in Staatsangelegenheiten er¬ 
teilen, bald den Censor abgeben, bald beschäftigte er sich mit dem 
Modell zu einer einfacheren und leichteren Schiebkarre; dann wieder 
schwang sich fein Geist in die Sphären der Unendlichkeit; heute 
forschte er in alten vergilbten Chroniken nach Quellen über das 
welsische Herrscherhaus, und morgen schrieb er ein gelehrtes theolo¬ 
gisches Werk oder machte den Plan zu den Wasserkünsten in 
Herrenhausen. Als Georg I. als König nach London zog, wäre 
Leibitiz gern mitgegangen. Einsam mußte er jedoch in Hannover 
zurückbleiben, verkannt nicht nur vom Hose, sondern auch vom 
Volke, das ihn den alten „Löwenix" (Glaubenichts) nannte, weil 
er keine Kirche besuchte; einsam starb er auch in Hannover 
und wurde, weil er in den Ruf der Freigeisterei gekommen 
war, ganz in der Stille am 14. Nov. 1716 in der Neustädter Kirche 
beigesetzt. Auch die deutschen Gelehrten schwiegen bei seinem Tode;, 
nur die französische Akademie gedachte seiner in einer Lobrede. Ein 
Stein mit der einfachen Inschrift: Ossa Leibnitii bezeichnet seine 
lange vergeblich gesuchte Ruhestätte. Im Jahre 1790 ist ihm am 
späteren Waterlooplatze in Hannover ein Denkmal errichtet. Ein 
von 9 Säulen getragener Rundtempel birgt seine Marmorbüste 
mit der Inschrift: Genio Leibnitii. 
8. Die braunschweigisch-lüueburgische Landespost. 1640. Kaus- 
mannsboten durchzogen schon zur Zeit der Hansa unser Land. 
Die Herzöge Heinrich d. I. und Julius von Brannschweig- 
Wolsenbüttel richteten landesherrliche Botengänge und 
reitende Posten ein. Daneben bestanden als Haiiptocrkehrs- 
mittel die städtischen Botenanstalten. 1616 gestattete 
Herzog Christian von Lüneburg der Taxisschen Reichspost zum 
ersten Male den freien Durchgang für eine reitende Brief¬ 
post von Minden über Nienburg nach Hamburg. Indes hatten 
es die braunfchweigisch-lüneburgischen Herzöge auf Errichtung, 
eigener Landesposten abgesehen. Mit ihrer Genehmigung richtete 
daher im Jahre 1640 der reiche Frachtsuhrherr Nötiger 
Hinüber in Hildesheim aus eigenem Vermögen mit einem Kosten-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.