Full text: [Band 3, [Schülerband]] (Band 3, [Schülerband])

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Und, wenn die Nachtigall beginnt, das Obr zustopft, 
Dem sollte mans mit scharfer Dissonanz abhaun. 
158. Das Sonett. 
1. Zwei Reime heiß ich viermal kehren wieder 
Und stelle sie getheilt in gleiche^ Reihen, 
Daß hier und dort zwei, eingefaßt von zweien, 
Im Doppelchore schweben auf und nieder. 
2. Dann schlingt des Gleichlauts Kette durch zwei Glieder 
Sich freier wechselnd, jegliches von dreien. 
In solcher Ordnung, solcher Zahl gedeihen 
Die zartesten und stolzesten der Lieder. 
3. Den werd ich nie mit meinen Zeilen kränzen 
Dem eitle Spielerei mein Wesen dünket, 
Und Eigensinn die künstlichen Gesetze. 
4. Doch, wem in mir geheimer Zauber winket, 
Dem leih ich Hoheit, Füll in engen Grenzen 
Und reines Ebenmaß der Gegensätze. 
159. Bergmannsleben 
1. Der ist der Herr der Erde, 
Wer ihre Tiefen mißt, 
Und jeglicher Beschwerde 
In ihrem Schoß vergißt. 
2. Wer ihrer Felsenglieder 
Geheimen Bau versteht, 
Und unverdrossen nieder 
Zu ihrer Werkstatt geht. 
3. Er ist mit ihr verbündet 
Und inniglich vertraut, 
Und wird von ihr entzündet, 
Als wär sie seine Braut. 
4. Er sieht ihr alle Tage 
Mit neuer Liebe zu, 
Und scheut nicht Fleiß noch Plage, 
Sie läßt ihm keine Ruh. 
5. Tie mächtigen Geschichten 
Ter längstverfloßnen Zeit 
Ist sie ihm zu berichten 
Mit Freundlichkeit bereit. 
6. Ter Vorwelt heilge Lüfte 
Umwehn sein Angesicht, 
Und in die Nacht der Klüfte 
Stralt ihm ein ewges Licht. 
7. Er trifft auf allen Wegen 
Ein wohlbekanntes Land, 
Und gern komnü sie entgegen 
Den Werken seiner Hand. 
8. Ihm folgen die Gewässer- 
Hilfreich den Berg hinauf, 
Und alle Felsenschlösser 
Thun ihre Schätz ihm auf. 
9. Er führt des Goldes Ströme 
In seines Königs Haus, 
Und schmückt die Diademe 
Mit edlen Steinen aus. 
10. Zwar reicht er treu dem König 
Den glückbegabtcn Arm, 
Doch fragt er nach ihm wenig 
Und bleibt mit Freuden arm. 
11. Sie mögen sich erwürgen 
Aon Fuß um Gut und Geld; 
Er bleibt auf den Gebirgen 
Der frohe Herr der Welt. 
160. Der Engel desITroftes. 
. 1. Wenn in bangen, trüben Stunden 
Unser Herz beinah verzagt, 
Wenn, von Krankheit überwunden, 
Angst an unserm Innern nagt, 
Wir der Treugelicbten denken, 
Wie sie Gram und Kummer drückt, 
Wolken unsern Blick beschränken, 
Die kein Hoffnungsstral durchblickt: 
* Nr. 159—162 von Novalis (Friedrich v. Hardenberg).
	        
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