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Noch tönt der Busch voll Nachtigallen
dem Jüngling hohe Wonne 311;
noch strömt, wenn ihre Lieder schallen,
selbst in zerriss'ne Seelen Nuh!
V, wunderschön ist Gottes Erde
und wert, darauf vergnügt zu sein,'
drum will ich, bis ich Bsche werde,
mich dieser schonen Erde freun!
Ludwig Heinrich Christoph höltip
45. Die Ziegesnachricht im Försterhause.
(1871).
ief in den Bergen liegt ein Haus, in dem die Einsamkeit
ihre unumschränkte Gewalt übt. Meilenweit dehnt sich der
Tannenforst nach allen Zeiten hin wie grüne Mauern; die
Felsen reichen fast bis an die steinerne Schwelle, und durch
ihre schmale Kluft zieht der Waldbach dahin, hellgrün mit
weißem Schaum, trotzig und ungestüm, wie es die Kinder der Wildnis
sind. Die Forelle, die pfeilschnell durch die rauschenden Wellen schießt,
der Vogel, der ftatternd zwischen den Zweigen singt, und der mächtige
Hirsch, dessen Schrei stundenweit aus den Tiefen des Waldes schallt,
das ist das einzige Leben, das hier waltet, sorgenlos und ahnungslos,
als stünde die Schöpfung noch in ihren Kindertagen. Und mitten darinnen
in dieser versunkenen Uuhe, in dieser menschenlosen Pracht steht das
einsame Försterhaus, von breiten Balken und breiten Esuadern gebaut,
das mächtige lange Dach mit verwitterten Steinen bedeckt, von keiner
Zierde umgeben als von dem Grün, das die Natur verschwenderisch um
Tür und Giebel rankte. Ein bärtiger Mann mit breiter Brust und hoher
Gestalt ist hier der Gebieter; zu seiner Seite waltet das Weib mit den
blauen Bugen und den blühenden Wangen; blondlockige Kinder spielen
über der Schwelle und zausen den Hund, der horchend in den Wald
hinauslugt. Ihr Haus und ihre Schule, ihr Tempel und ihr Spielgerät
ist der Wald; sie wissen kaum, daß draußen die Welt beginnt, sie
wachsen heran wie die Kinder im Märchen.
Das ist das einsame Jägerhaus in der Kaiserklause. Jetzt aber
herrscht der tiefe Winter dort, und nur dort weiß man es, was dies
Wort bedeutet, dies schneebelastete, eisig-stille Wort, durch das ein hauch
hingeht wie die Btemzüge eines Schlafenden.
Zwischen den Zweigen der Tannen liegt das Eis; der letzte grüne
Halm ist erstarrt, der Vogel duckt sich zu unterst in das Geäste. Über
die pfadlosen Wege schreitet der Hirsch und nagt an den braunen, saft¬
losen Binden; seine Glieder zittern, in den forschenden Bugen steht eine
Träne, als wollt' er in stummer Hilflosigkeit die Natur verklagen.