Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 3)

Befehl zu unterzeichnen; Sie werden mir täglich in Person Rechen¬ 
schaft geben und niemanden besonders begünstigen!" 
Diese Worte verrieten einen festen Willen, unbegrenzte Selbst¬ 
sucht, maßlosen Ehrgeiz, und wenn man sie auch am Hofe mit 
einem verborgenen Lächeln aufnahm und glaubte, daß der König 
bald der Last der Regierungsgeschäfte müde sein und sie wieder 
einem leitenden Minister übergeben würde, so lernte man doch 
bald einsehen, daß man sich ,barin getäuscht hatte. Zum Er¬ 
staunen seiner Räte entfaltete er.eine unermüdliche Tätigkeit, hielt 
außer am Sonntag und Mittwoch Mit ihnen täglich Sitzungen und 
erledigte noch am Abend mit seinen Ministern die notwendigsten 
Geschäfte. Ankommende und abgehende Nachrichten wurden ihm 
vorgelesen, jede Bittschrift ging durch seine Hände. Man kann 
annehmen, daß er dabei bestrebt war, das Wohl seines Volkes 
zu fördern; aber je mehr alle Personen in tiefster Ehrfurcht sich 
vor ihm beugten und thu umschmeichelten, desto mehr mußte er 
zu der Überzeugung kommen, daß sich das Staatswohl in seiner 
Person verkörpere. Wenn er auch das bekannte Wort „der Staat 
bin ich" selbst nicht geprägt.hat, so gibt es doch seine Denknngs- 
art trefflich wieder. Dem hohen Selbstbewußtsein entsprach sein 
äußeres Auftreten. Jeder Schritt und jedes Wort zeugte von stolzer 
Hoheit und Würde; er sprach wenig, wog aber jeden Ausdruck 
bedächtig ab. In vornehmer Haltung, die den stattlichen Wuchs 
seines Körpers vorteilhaft zur Geltung kommen ließ, und in ge¬ 
messenem Gang schritt der „Sonnenkönig", der feiner Umgebung 
mit gewinnender Anmut zu begegnen wußte, würdevoll einher. 
Aber in seinem Wesen lag nichts Natürliches. „Sein ganzes Leben 
war ein Theaterspielen, aber mit solcher Kunst, daß nur die Scharf¬ 
sichtigsten es bemerkten." (Philippfort.) 
Als er die Regierung übernahm, herrschten in allen Zweigen 
der inneren Staatsverwaltung grobe Miß stände, da Richelieu 
und Mazariu von der aus Befestigung der äußeren Machtstellung 
gerichteten Tätigkeit ganz in Anspruch genommen worden waren. 
Das Heerwesen befand sich in schlechter Verfassung. Die Staats¬ 
einnahmen waren unzureichend und schon im voraus verpfändet. 
Der Handel lag infolge mangelhafter Verkehrswege und -Sicherheit 
darnieder. Die Rechtspflege litt unter der Bestechlichkeit der Richter. 
So bedurfte es gründlicher Reformen. Ludwig war gewillt, sie 
durchzuführen, und umgab sich dazu mit einer Reihe trefflicher 
Minister, bei deren Auswahl er einen fast unfehlbaren Scharfblick
	        
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