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feit auf sich gelenkt. Nach dem Kriege wurden die Turnplätze wieder
eröffnet; aber so gut der Gedauke einer Wehrhaftmachnng des
Volkes durch körperliche Übungen auch war, vermochte doch Jahn
durch fein derbes, polterndes Wesen keinen günstigen Einfluß auf
das heranwachsende Geschlecht auszuüben. Er verstand es nicht,
dem Wollen seiner Anhänger ein edles Ziel zu geben. Bald wollten
sich viele in bestehende Ordnungen nicht mehr fügen und suchten
den Meister an Grobheit sogar zu überbieten. Seine Gesinnungs¬
genossen haben auch die Schriftenverbrennung beim Wartburgfest
verschuldet. Sv freudig daher das Turnen von vielen Seiten zu¬
erst begrüßt wurde, so mußten ihm doch die vielfach dabei zutage
tretenden rohen Sitten schaden.
e) Die Reaktion.
Die Unbesonnenheiten einzelner Schwärmer, namentlich Sands
Tat, riefen eine ungeheure Erregung hervor, wobei in unheil¬
voller Gedankenverwirrung nicht wenige sogar dem Mörder ihre
Sympathie bekundeten. Diese Auswüchse der Freiheitsregungen
brachten die ganze nationale Bewegung arg in Verruf, zumal
sie schon längst mit Argwohn beobachtet wurde. Man hielt es
darum art der Zeit, gegen sie einzuschreiten.
Die europäischen Fürsten hatten den Befreiungskrieg als einen
Kampf gegen die Revolution angesehen uud glaubten mit dem
errungenen Siege die in ihr hervorgetretene Auflehnung gegen
die Religion und staatliche Ordnung überwunden zu haben; gegen
die von ihr ausgehenden fortschrittlichen Ideen verschlossen sie
sich. In den gewaltigen geschichtlichen Ereignissen, wie man sie
in Rußland und in den großen Entscheidungsschlachten erlebt hatte,
sah man ein göttliches Wirken und ein Strafgericht über den Ge¬
waltmenschen, der die heilige Ordnung gestört hatte. So war eine
religiöse Stimmung entstanden, die sich in demütiger Unterordnung
unter das göttliche Walten kundgab. Eine Störung der alten Ord¬
nung erschien verwerflich. Man bezeichnete alles geschichtlich Ge¬
wordene und kirchlich Geweihte als „legitim". In dem Festhalten
an diesem, in der Rückkehr zu ihm („Restauration") sah man daher
nach dem Kriege die wichtigste Aufgabe. Zur Verwirklichung dieser
Anschauungen schlossen der Kaiser von Rußland, der Kaiser von
Österreich und der König von Preußen am 26. September 1815
die „heilige Allianz". Sie gelobten damit, daß sie ihre Volker
regieren wollten nach den Vorschriften der heiligen Religion, nach
den Grundsätzen der Gerechtigkeit und der Liebe, daß sie sich bei