Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 3)

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Anton, der Bruder Friedrich Augusts, der 71 jährig zur Re¬ 
gierung kam, nahm nach dem Aufstand des Jahres 1830 seinen 
Neffen Friedrich August zum Mitregenten an und versprach, 
die Wünsche des Volkes zu erfüllen. Am 4. September 1831 
wurde unter Glockengeläut und Kanonendonner das neue 
Staatsgrundgesetz verkündigt. Seine wichtigsten Bestim¬ 
mungen sind folgende: An der Spitze des Staates steht der König, 
dessen Würde nach dem Rechte der Erstgeburt erblich ist. Er er¬ 
hält eine jährliche Zivilliste und verzichtet auf die Einnahmen 
aus den Gütern, Forsten und Bergwerken; er ist unverantwort¬ 
lich und unverletzlich. Als oberste Ratgeber beruft er die M i u i st e r. 
Es gibt sechs Ministerien: für das Innere, die auswärtigen An¬ 
gelegenheiten, Finanzen, Rechtspflege, Kultus und öffentlichen 
Unterricht und Krieg. Die Stände zerfallen in zwei Kammern. 
Zur ersten gehören die volljährigen Prinzen des Königlichen Hauses, 
einige Rittergutsbesitzer, die Oberbürgermeister der großen Städte, 
der Rektor der Universität, Vertreter der Kirche uud weitere vom 
König auf Lebenszeit ernannte Mitglieder. Die zweite Kammer 
setzt sich aus den vom Volke gewählten Abgeordneten zusammen. 
Deshalb ist das Land in Wahlkreise einzuteilen (seit 1908: 91). 
Der Landtag tritt aller zwei Jahre zur Bewilligung des Staats¬ 
haushalts und Beratung neuer Gesetze zusammen. Ohne seine 
Zustimmung kann der König kein Gesetz erlassen. Den Untertanen 
wird freie Berufsausübung (Gewerbefreiheit und Freizügigkeit), 
Gewissensfreiheit, Gleichheit vor den Gesetzen und Schutz durch 
die Gesetze zugesichert. 
Eiu freudiges Gefühl der Erleichterung erfüllte alle redlichen 
Glieder des Volkes, als mit der neuen Verfassung eine neue Zeit 
anbrach. Viele Jahre hindurch wurde der 4. September als be¬ 
sonderer Festtag gefeiert. — In den auf 1831 folgenden Jahren 
schloß sich an das neue Staatsgrundgesetz eine weitere umfangreiche 
Gesetzgebung an. 1832 erhielten die Städte durch eine neue 
Ordnung, die dem preußischen Muster nachgebildet war, die S e l b st- 
verwaltuug, wozu 1838 auch eine neue Landgemeindeordnung 
kam. Der Städteordnung folgte noch im Jahre 1832 die B a n e r n - 
befreinng, die Aufhebung aller Fronen und Abschaffung der 
noch bestehenden Erbuntertänigkeit. Die Gutsherren wurden durch 
eiue Geldsumme für die Frondienste entschädigt, und weil diese 
den Bauern meist nicht zur Verfügung stand, schoß ihnen der 
Staat das Geld durch Gründung von La n d r e n t e n b a n k e n vor,
	        
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