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stockt. Der Stiefvater, der ihn verprügelt hatte, riet Wichern, er
solle es mit der Hundepeitsche versuchen. Das tat dieser nun frei¬
lich nicht; er trat seinen Zöglingen mit väterlicher Liebe entgegen.
Einen Neuling nahm er gewöhnlich zuerst in seine Stube und hielt
mit ihm ein vertrauliches Zwiegespräch, in dem dieser meist ein
reuevolles Gestäuduis über sein Vorleben ablegte, zugleich aber
auch mit Vertrauen zu seiner neuen Umgebung erfüllt wurde.
Wichern beendete die Unterredung gewöhnlich mit den Worten:
„Nun machen wir einen dicken Strich unter alles, was vorher ge¬
wesen ist; es soll alles vergeben und vergessen sein. Doch darfst
du von all diesen Dingen zu keinem Menschen außer mir ein Wört¬
chen reden." Der Neuling versprach es gern. Dann führte ihn
Wichern in den Kreis der andern Zöglinge, die ihn ebenfalls mit
Liebe und Vertraueu aufnahmen, so daß sich jener in seiner neuen
Umgebung bald wohl fühlte. Wichern besaß die seltene Gabe, seinen
Pfleglingen bei allem Ernst mit väterlicher Liebe zu begegnen
und sie mit Vertrauen zu erfüllen. So waren sie alle bald davon
überzeugt, daß nur Gutes an ihnen getan würde, und wuchsen
zu einer großen Familie zusammen. Rückfälle sind freilich auch
dort nicht ausgeblieben; aber die allermeisten Zöglinge sind aus
der Tiefe des Lebens emporgehoben und zu brauchbaren Gliedern
der Menschheit erzogen worden.
Das alte Hans genügte natürlich dem Zwecke der Anstalt nicht
lange. Man mußte sehr bald an die Errichtung neuer Gebäude
gehen, und so ist im Laufe der Jahre eins nach dem andern hinzu¬
gekommen, besondere Abteilungen sind entstanden, aus dem ehe¬
mals einsam gelegenen „Rauhen Hause" ist eine große Kolonie
geworden.
Das wichtigste Erziehungsmittel sollte neben Unterricht, Er¬
bauung und fröhlichem Spiel vor allem die Arbeit sein; die
Zöglinge sollten an nutzbringende Tätigkeit gewöhnt werden. Eines
Tages ließ daher Wichern eine Pappel neben dem Hause fällen
und aus dem Stamme Holzpantoffeln für den Hausbedarf schnitzen.
Bald bearbeitete man das Holz auch zu anderen Dingen. Werk¬
stätten wurden eingerichtet, in denen die jungen Leute sägten,
hobelten und zimmerten. Man baute Tische und Bänke und Ge¬
räte aller Art für das Haus und den Garten. So fand ein
Handwerk nach dem andern in der Anstalt Eingang. Der größte
Teil der Zöglinge wurde jedoch mit Feld- und Garten¬
arbeiten beschäftigt, und jedem war auch ein Beet zur selb-