Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 3)

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überhaupt war ber Titel ober ber Rang ber jemanbem zukam, 
von ausschlaggebenber Bebeutung. Das Streben nach Rang¬ 
erhöhung ober Titeln war baher allgemein. Es trat m ben 
Kreisen ber Bürger unb bes Abels ebenso hervor wie^ in denen 
ber Fürsten. Das führte allerbmgs auch zu allerhanb Rang- 
streitiakeiten, hinter benen oft bie Erlebigung wrchtrger An¬ 
gelegenheiten zurücktrat. Sie beherrschten bie Frieben-öVerhand¬ 
lungen zu Münster unb Osnabrück unb bie von Nymwegen unb 
Ryswiä ebenso wie jeben Reichstag. Die Frage bes Bortntts ober 
Vorrangs vor anberen konnte baher bie Aufrechterhaltung srie 
ticher Beziehungen ober bett Verlauf ber Verhanblnngen gerabegu 
aesährbett. Bei bett Ryswicker Friebensverhanblungen begehrte 
; B ber Gesanbte bes ohnmächtigen Venebig, weil bies einst über 
bas Königreich Cypern geherrscht hatte, bett Vortritt vor dem Ge¬ 
sandten Friebrichs III. von Brandenburg. Elisabeth von Englanb 
wollte bie Verhanblungen mit bem römischen Hofe abbrechen, wenn 
ihr nicht ber Vorrang vor Philipp III. eingeräumt würbe. Kur¬ 
fürst Friebrich Wilhelm von Branbenbnrg ließ sich 1684 von 
Schweben besonbers bestätigen, baß sein Gesanbter unmittelbar 
nach betn König rangiere. Die Rangorbnuug würbe in einem 
Reichskriege sogar bei Aufstellung ber Truppen beobachtet Es 
entstanben zuweilen Mißhelligkeiten barüber, ob bett kurfürstlichen 
Truppen ber Vortritt vor ben herzoglichen gebühre. In einzelnen 
Fällen ist barüber sogar ber rechtzeitige ober entscheibenbe Angriff 
versäumt worben. Bei Begegnung von Fürsten kam es vor, daß 
ber König in einem Armstuhl lehnte, währenb ber Kurfürst sich 
mit einem einfachen Sessel begnügen mußte. 
Gehörten nun auch solche Rangfragen vielfach lebiglich ins 
Bereich ber Etikette, fo blieben boch bie Staatsangelegen¬ 
heiten bavott nicht unberührt. Eine Rangerhöhung ober Titel¬ 
verleihung konnte bie Stellungnahme eines Fürsten in Kriegszeiten 
beeinflussen. Kaiser Ferbinanb II. gewann z. B. bei Beginn deo 
Dreißigjährigen Krieges Maximilian I. von Bapern für sich, inbern 
er ihm bie Kurwürbe in Aussicht stellte, unb Friebrich von ber 
Psalz geriet, als ihn der Glanz einer Königskrone blendete, tu 
unheilvolle folgenschwere Kriegswirren. 
Da nun nach bem Westfälischen Frieben, in ber Zeit, als bas 
fürstliche Selbstgefühl eine ungeheure Steigerung erfuhr, jeber 
Reichsfürst, meist unbekümmert um bett anberen, möglichst nur für 
bie Macht feines Staates sorgte, trat bas Streben nach Rang-
	        
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