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Eine allgemeine Kirchenordnung wurde abgefasst, ein Konsi¬
storium eingesetzt, eine Hofgerichtsordnung erlassen. Beiden Ge¬
richten wohnte er fleifsig bei, forschte nach der Not seiner Bauern
und Wünschen der Bürger und half den Übelständen ab, wenn
seine Mittel es erlaubten. An jedem Sonnabend war er in seinem.
Gemache von jedermann zu sprechen und liess sich über den
Ackerbau der Landleute und über Bauten und Verkehr auf seinen
Ämtern berichten. Nicht die zügellosen Scharen geworbener Lands¬
knechte, sondern die Bürger selbst sollten das Land schützen.
Jeder waffenfähige Mann erhielt deshalb gegen Zahlung von zwei
Thalern ein langes Rohr aus der Fabrik zu Gittelde und musste
sich zu gewissen Zeiten bei seinem Landgerichte stellen, wo er
gemustert und von erfahrenen Kriegsleuten eingeübt wurde. Mit
der Stadt Braunschweig trat er durch zeitgemäfses Nachgeben
in ein freundliches Vernehmen und verschmähte es nicht, den
Hochzeiten der Städter beizuwohnen oder ihre Kinder aus der
Taufe zu heben.
Mitten in dieser Thätigkeit verlor Julius das Bestreben, die
Wohlfahrt seines Landes auf Bildung und Gottesfurcht zu stützen,
keinen Augenblick aus den Augen. Auf seinen Willen erblüheten
an mehreren Orten Schulen, und wurde im Jahre 1576 die Uni¬
versität Helmstedt errichtet.
So strebte Julius auch noch als Greis mit Jünglingskraft für
das Wohl seiner Unterthanen. Zwischen duftenden Lauben und
Singvögeln sah man ihn im Sommer auf dem Altane seines Schlosses
Wolfenbüttel sitzen, im Brettspiel sich erlustigend oder mit seinen
Räten sich besprechend. Während des Ankleidens in der Morgen¬
stunde liess er sich durch einen Edelknaben etliche Gebete und
Kapitel aus der Bibel vorlesen; dann traten seine Räte zu ihm ein,
und ernst und bestimmt erteilte er ihnen den wohlerwogenen Be¬
scheid. Waren auf diese Weise die laufenden Geschäfte des Tages
beendet, so liess er sich mit seiner Gemahlin in einer Sänfte nach
den fürstlichen Vorwerken um Wolfenbüttel tragen und achtete
auf den Haushalt, oder er beschäftigte sich mit seinen Blumen
im Garten, den er durch prächtige Gewächse geschmückt hatte.
Sah man fürstliche Gäste in das Schloss einziehen, oder galt es
die Feier eines Hoffestes, so zeigte sich der Reichtum des Hofes
auf würdige Weise, und unter den Fröhlichen erblickte man den
kindlich frohen Greis. Ohne ähnliche Veranlassungen aber lebte
Herzog Julius so mäfsig, dass aus Sparsamkeit an vier Tagen der
Woche nur Fische statt des Fleisches auf seine Tafel getragen
wurden. Doch traf diese Sparsamkeit mehr den Herrn selbst als
seine Umgebung. Sein langer Esssaal enthielt an der ganzen
Breite der Wand grosse silberne Kannen zu festlichen Gelegen¬
heiten ; die standen gar sauber und blank in einer Reihe neben
einander; aber den Herrn lockten sie nicht. Hamburger Bier mit