112 Frankreich unter Richelieu und Mazarin und die Zeit Ludwigs XIV.
Anna von England, den Generalstaaten, König- Friedrich
Wilhelm I. von Preussen, Portugal und Savoyen ander¬
seits in Utrecht1) abgeschlossen wurde, Ludwig XIV. noch
recht günstige Bedingungen. Darin wurde bestimmt:
1) Spanien mit den Kolonien kommt an Lud¬
wigs XIY. Enkel, den König Philipp V.; die spanische und
die französische Krone sollen jedoch nie auf einem Haupte
vereinigt werden;
2) Österreich erhält die spanischen Niederlande,
Mailand, Neapel und die Insel Sardinien;
3) Savoyen erhält die Insel Sicilien mit demKönigs-
titel, dazu die Anwartschaft auf den spanischen Thron im
Falle des Aussterbens der dortigen Bourbonen;
4) England gewinnt das wichtige Gibraltar, wodurch
es den Eingang ins Mittelländische Meer beherrscht, und die
Insel Menorka, ausserdem von Frankreich beträchtliche
Gebiete in Nordamerika2);
5) Holland erntete keinen weiteren Vorteil, als dass ihm
in einer Anzahl von Plätzen in den österreichischen
Niederlanden, die an der französischen Grenze lagen, das
Besatzungsrecht eingeräumt wurde.
Auserdem wurde von den beiden bourbonischen Königs¬
häusern das Erbfolge recht des Hauses Hannover auf
den englischen Thron anerkannt3).
Als Karl VI. trotz des Rücktrittes seiner Bundesgenossen
den Krieg allein fortsetzte, wandte sich das Kriegsglück den
Franzosen zu. Daher sah auch er sich bald genötigt, Frieden
mit Ludwig zu schliessen, was er 1714 zu Rastatt für seine
Person, einige Monate später zu Baden im Aargau namens
des Reiches that. Darin leistete er zwar keinen Verzicht auf
die spanische Krone, begnügte sich jedoch mit den Ländern,
die ihm durch den Utrechter Frieden zugesprochen worden
waren. Die geächteten Kurfürsten von Baiern und Köln wurden
in ihre Würden wieder eingesetzt. Im übrigen blieben die
Reichsgrenzen gegen Frankreich auf dem Stande des Rijswijker
Friedens; nur wurde Landau noch an Ludwig XI\ . abgetreten.
*) Der deutsche Volksmund nannte die Friedensschlüsse von 1679, 1697
und 1713 scherzhaft die Frieden von Nimmweg, Reissweg und Unrecht,
2) Neufundland, Neuschottland und die Küste der Hudsonsbai.
3) Die Königin Anna, mit einem dänischen Prinzen vermählt, musste
ihre sämtlichen (17) Kinder vor sich sterben sehen; ihr Erbe ward 1714:
Georg I., dessen Vater, der Herzog Ernst August von Braunschweig-Luneburg,
einvSehn der Elisabeth von der Pfalz (vgl. die Stammtafel zu § 10), lol -<
zum Kurfürsten von Hannover erhoben worden war.