5. Die deutsche Land- und Seemacht. 13
Der Schwerpunkt unserer Wehrkraft mußte darum auf die See
mit ausgedehnt werden, und weil neben den benachbarten Land-
mächten die angrenzenden Seemächte mit ins Auge zu fassen
sind, ist die Erhöhung der Lasten der Wasfenrüstung ebenso
erklärlich wie notwendig.
5. Die deutsche Land- und Seemacht.
Ein großer Krieg ist uns seit vierzig Jahren, obwohl die
Zeiten gelegentlich für uns recht ernst waren, durch die Friedens-
liebe unsers Kaisers, durch eine vorsichtige und gerechte Staats-
kunst, durch die Achtung anderer vor deutscher Kraft und Stärke
erspart geblieben. Die Geschichte der Völker ist ein großer Lehr-
meister, der nachweist, daß Schwäche, Mangel an bereiten, zu-
verlässigen Machtmitteln und innere Untüchtigkeit den Nationen
verhängnisvoll werden. Man denke nur daran, daß in dem letzten
Jahrzehnt die denkwürdigen Tage von Trafalgar, Jena, Kopen-
Hagen zum hundertsten Male wiederkehrten. Ferner sei daran
erinnert, daß im Frühjahr 1910 fünfzig Jahre vergangen waren,
seitdem durch die Neuorganisation der preußischen Armee der
Grundstein für die zukünftige Entwicklung Preußen-Deutschlands
und den Vau des geeinten Reichs gelegt wurde. Diese seinerzeit
lebhaft bekämpfte Tat, die den Zusammenschluß der deutschen
Stämme wesentlich vorbereitete, war die Voraussetzung für unsere
heutige, die Welt in Erstaunen setzende staatliche und Wirtschaft-
liche Entwicklung; sie schuf die Armee, unter deren Schutz Deutsch-
land innerlich erstarkte und unter deren Schirm später auch an
den Ausbau der Seemacht gedacht werden konnte. Armee und
Kriegsflotte sind zweifellos die wichtigsten und im äußersten Falle
einzigen Mittel, die einem Volke eine ehrenvolle Stellung, sowie
die Erkämpfung günstiger Lebensbedingungen ermöglichen; sie
erhalten aber auch diese Lebensbedingungen und leisten für die
ungestörte Entwicklung unserer Kräfte, unsers Handels und unserer
Industrie die beste Gewähr.
Seit dem großen Kriege von 1870/71 sind vierzig Jahre des
Friedens unserm Land beschert worden. Diese Friedenszeit war
indessen keine Zeit der Ruhe für die deutsche Armee. Sie hat
seitdem einen bedeutenden Entwicklungsgang durchgemacht. Es
sei nur daran erinnert, daß allein die neueste Zeit die Funken-
telegraphenabteilungen der Telegraphentruppen, die Luftschiffer-
truppen und die Kraftfahrabteilung der Verkehrstruppen brachte.
Die Verwendung des rauchschwachen Pulvers hatte die Her-
stellung neuer Schußwaffen und damit eine völlige Neubewaffnung
der Armee zur Folge. Mit der fortschreitenden Verbesserung der
Schußwaffen ging die Entwicklung der Schießausbildung Hand
in Hand. Die neu eingerichtete zweijährige Dienstzeit bei der
Infanterie stellte höhere Anforderungen an Mannschaften und