Object: Leitfaden für den Geschichtsunterricht in Mittel- und Mädchenschulen

2. Friedrich Barbarossa. 163 
der Haft zu entkommen und zu seinem Freunde, dem Bischof Otbert 
von Lüttich, zu entfliehen. Doch über den erneuten Anstrengungen, 
das Reich zurück zu gewinnen, starb er. Seine Leiche wurde mit 
kaiserlichen Ehren bestattet, aber auf Befehl des Papstes wieder 
ausgegraben und zuerst auf eine Insel in der Maas, später nach 
Spei er gebracht, wo sie fünf Jahre lang in einer ungeweihten 
Kapelle über der Erde stand. Endlich wurde der Bann gelöst und 
der Sarg in der Kaisergruft beigesetzt. 
Heinrich IV. war bei all seinen Fehlern, die meist die Folge 
einer verkehrten Erziehung waren, eine edle Natur von herrlichen 
Anlagen und Eigenschaften. Er hatte eine majestätische Gestalt, eine 
ehrfurchtgebietende Würde und Hoheit, schnelle Urteilskraft und ein 
großmütiges, freigebiges Wesen, das sich besonders gegen Arme, 
Kranke und Hilfsbedürftige kundgab. Die Liebe und Treue, die 
ihm auch in den schlimmsten Tagen viele ausgezeichnete Männer 
bewahrten, die Anhänglichkeit und Verehrung, die ihm das Volk, 
besonders die Bewohner der Städte, bis an sein Ende entgegen 
brachte, legen Zeugnis ab von seiner hingebenden Freundschaft und 
seiner bürgerfreundlichen Gesinnung. Eine schlechte Erziehung, ein 
leidenschaftliches Gemüt, die schrankenlose Herrschsucht eines ehr- 
geizigen Kirchenfürsteu, der Verrat und die Treulosigkeit unbot¬ 
mäßiger Großen und entarteter Söhne waren das Unglück seines 
Lebens. 
So tadelnswert auch Heinrichs V. Verfahren gegen [1106—1125 
seinen Vater war, so rühmlich zeigte er sich ■ doch als Herrscher. 
Aber bei aller Kraft und Entschiedenheit, mit der er den Ansprüchen 
der Kirche und den Unabhängigkeitsgelüsten der Großen entgegen- 
trat, vermochte er doch keinen vollständigen Sieg zu erringen. Im 
Jahre 1122 wurde der Juvestiturstreit durch das Wormser 
Konkordat beigelegt. Der Papst erhielt das Recht, die Bischöfe [1122 
und Abte mit Ring und Stab zu belehnen; dafür sollten die Wahlen 
nur in Gegenwart kaiserlicher Bevollmächtigter vollzogen werden, 
und dem Kaiser sollte die Belehnung der Gewählten mit dem Seepter, 
dem Zeichen der weltlichen Herrschaft, vorbehalten bleiben. Diese 
Belehnung sollte in Deutschland der kirchlichen Weise vorangehen, in 
Burgund und Italien ihr nachfolgen. 
2. Friedrich I. Barbarossa. 
Mit Heinrich V. war das fränkische Kaisergeschlecht erloschen, 
und wieder traten die deutschen Stämme an den Ufern des Rheins 
zusammen, um einen neuen Herrscher auf den Thron zu erheben. 
Die Wahl fiel nicht, wie man erwartet hatte,, ans Friedrich von 
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