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bedingungen, welche der Sieger gleich nach der Einnahme 
von Berlin ihm angeboten hatte, nicht angenommen1). 
Was in der Hauptstadt geschah, konnte dem König und 
der Königin nicht gleichgültig sein, und so konnte es ihnen 
auch nicht entgehen. Auch die Blätter des „Telegraphen“ 
kamen ihnen zu. Wer ein fühlendes Herz hat, wird leicht den 
Schmerz sich denken können, welcher die Königin ergriff; 
denn es gibt wohl keinen größeren Schmerz auf Erden für 
ein Herz, das die Menschen liebt, als von ihnen verkannt zu 
werden, sowie die Tugend unterliegen und die Lüge und den 
Übermut siegen zu sehen. Auch die Königin trat nun aus 
dem Himmel ihres Herzens in die Schranken der Erde. Nun 
fing sie an sich selbst zu betrachten, ob denn wirklich in 
ihrem Leben etwas sei, welches dem ähnlich wäre, wozu man 
sie vor den Augen der Welt machen wolle: aber indem sie ihr 
Herz prüfte und ihr vergangenes Leben überdachte, fühlte 
sie sich erhaben über jede Schmähung des Übermutes. 
Indessen häuften sich die unglücklichen Ereignisse 
immer mehr—und ein Unglück, das mit einer zerschmettern¬ 
den Gewalt sich ankündigte, von dem die Königin fühlte, daß 
es unverschuldet. Ihre Hoffnungen, die so getäuscht waren, 
die Leiden, die ihr Volk nun erdulden mußte: alles, was sich 
ereignet hatte, schien ihr unter dem Einfluß eines finstern 
Schicksals zu stehen, welches über ihr Land und über ihr 
Haus gekommen war. So entstand einen Augenblick in 
ihrem frommen Gemüt der Zweifel, ob, was geschehen war, 
einem Schicksal zuzuschreiben, welches durch eine höhere 
J) Ende Oktober waren in Charlottenburg zwischen Luc- 
chesini und Zastrow von preußischer, Duroc von französischer 
Seite Bedingungen vereinbart, die der König in Graudenz gut- 
liieß : Abtretung alles linkselbischen Landes außer der Altmark 
und Magdeburg, Zahlung von 100 Millionen Franken, Anschluß 
an den Rheinbund. Napoleon verwarf aber die Bedingungen 
und bot zunächst nur einen Waffenstillstand, den der König 
zurückwies.
	        
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