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5. Nie Fledermaus.
Die Fledermaus rief: „O Wiesel!
VorÄngsten ergreift mich einFriescl.
Dein bin ich kein würdiger Schmans.
Ich bin ja nicht—Vogel, mir Maus!"
Großmütig sagte das Wiesel:
„Die Mausart, wahrlich, ist neu,
Doch hab' ich kein Herz von Kiesel!"
Und ließ die Fledermaus frei.
Die Fledermaus rief: „O Schuhn!
Verschone mich, edler Uhu!
Dein bin ich kein würdiger Schmaus,
Ich bin ja ein Vogel, nicht Maus!"—
„Ei," sprach der Tyrann der Mäuse
„Die Bogclart ist mir neu!
Doch entflieg'aus unserm Kreise!"
Und ließ die Fledermaus frei.
Die Fledermaus rief: „O Katze!
Laß ab von mir, seltenstem Schatze,
Dem Adler dien'ich zum Schmaus!—
Zugleich bin ichVogel und Maus!"—
Nein,Prahler,dusollst mir verderben.
Umsonst nicht hab' ich dich erzielt!
Auch möge jeder so sterben.
Der zweierlei Rollen spielt!
Fr. Hang.
6. Der Gär.
„Ei, ei! kommt nun Herr Petz mit seiner Sippschaft an
bet Reihe?" „Ja wohl, Herr Braun, der Bär, will euch
seine Aufwartung machen und seine Geschichte erzählen."
„Nun flink denn, Meister Petz, last cimnai hören, was du
zu erzählen weißt!"
„Ich, der braune Bär, habe einen zottigen Pelz, werde
über 5 Fuß lang, bewohne die Gebirge und Wälder des nörd¬
lichen Europas und Asiens, doch halte ich mich auch in den
Gebirgen der Schweiz, in Tyrol, in den Pyrenäen und den
Karpathen auf. Im Frühjahr fresse ich jllnges Gras, dann
aber bekomme ich Appetit zu Fleisch und mache fleißig Jagd
auf andere Tiere. Im Herbste verachte ich auch saftige
Früchte nicht, und da ich ein geschickter Kletterer bin, so hole
ich mir solche von den Bäumen herab. Am liebsten fresse
ich Honig." —
„Ei, et, du Leckermaul! aber greifst du auch uns Men¬
schen an?"
„So leicht nicht, der Hunger aber ist ein scharfes Schwert,
und wenn er mich quält, so rate ich dir, mir nicht zu be¬
gegnen. Übler aber verfahre ich mit dir, wenn du mich
reizest, oder mir gar meine Jungen wegnimmst; dann um¬
arme ich dich und liebkose dich, daß dir Hören und Sehen
vergeht."
„Hu! Herr Braun, bange machen gilt nicht, ich werde
mich schon hüten, mit dir in Streit zu geraten. Aber nun